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LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.02.2016, 7 Sa 220/15
Schlagworte: | Kündigung, Verhaltensbedingte Kündigung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | |
Aktenzeichen: | 7 Sa 220/15 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 03.02.2016 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Mainz, 1 Ca 1503/14 | |
Aktenzeichen:
7 Sa 220/15
1 Ca 1503/14
ArbG Mainz
Verkündet am: 03.02.2016
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 4. März 2015 - Az. 1 Ca 1503/14 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6. August 2014 zum 30. September 2014.
Die 1982 geborene, ledige, gegenüber keiner Person zum Unterhalt verpflichtete Klägerin absolvierte bei der Beklagten in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 27. Juni 2013 eine Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsförderung. Während ihrer Ausbildung war die Klägerin wiederholt kurzzeitig erkrankt. Im Oktober 2012 bot die Beklagte ihr die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements an. Die Beklagte fragte diesbezüglich erneut im Dezember 2012 und Januar 2013 bei der Klägerin nach. In der Zeit vom 12. März 2013 bis zum 24. April 2013 führte die Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme der Deutschen Rentenversicherung durch.
Im Anschluss an ihre Ausbildung erhielt die Klägerin einen bis zum 27. Juni 2015 befristeten Arbeitsvertrag in der Tätigkeitsebene VI in Vollzeit. In § 2 des befristeten Arbeitsvertrages ist die Anwendung des Tarifvertrages der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vereinbart. Der Grund der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG wurde in einem gesonderten Vermerk vom 22. Juni 2013 festgehalten.
Mit Ansatzschreiben vom 27. Juni 2013 wurde der Klägerin die Tätigkeit als Assistentin Kindergeld in der Agentur für Arbeit C.-Stadt (Familienkasse W.) mit Dienstort C.-Stadt übertragen. Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug 2.452,85 €. Seit dem 28. Juni 2013 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Unter dem 28. August 2013 schlug sodann der die Klägerin behandelnde Arzt Dr. Z. eine Wiedereingliederungsmaßnahme vor. Ein unter dem 27. September 2013 erstellter Wiedereingliederungsplan, dem beide Parteien und die Krankenkasse zustimmten, sah eine Tätigkeit der Klägerin als Fachangestellte im Zeitraum 30. September 2013 bis 18. Oktober 2013 im Umfang von 4 Stunden täglich, in der Zeit vom 21. Oktober 2013 bis zum 8. November 2013 von 6 Stunden täglich sowie ab dem 11. November 2013 von 8 Stunden täglich vor.
Letztlich begann die Wiedereingliederung der Klägerin am 2. Oktober 2013. An diesem Tag fand ein Personalgespräch mit Herrn Y. (Bereichsleiter Familienkasse) statt. Wegen des Inhalts dieses Gesprächs wird auf den Gesprächsvermerk vom 2. Oktober 2013 (Bl. 72 d. A.) Bezug genommen. Am 4. Oktober 2013 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Leiter der Familienkasse X. und der Klägerin betreffend ihren täglichen Arbeitsbeginn. Am gleichen Tag wurde ein Arbeitsbeginn um 08.00 Uhr schriftlich angeordnet.
Als die Klägerin am 9. Oktober 2013 um 09:30 Uhr zur Arbeit erschien, wurde sie zu einem Gespräch zu Herrn X. gerufen. Dieses Gespräch wurde unterbrochen und etwa 45 Minuten später fortgesetzt. Die Klägerin schnitt jedenfalls den zweiten Gesprächsteil auf ihrem Smartphone mit, ohne Herrn X. hierüber zu informieren.
Unter dem 9. November 2013 erstellt Herr X. eine Gesprächsnotiz (Bl. 41 d. A.) betreffend dieses Gespräch. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 (Bl. 8 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre stufenweise Wiedereingliederung zum 9. Oktober 2013 "in beiderseitigem Einvernehmen abgebrochen" worden sei. Der Klägervertreter wies mit Schreiben vom 22. Oktober 2013 (Bl. 18 d. A.) darauf hin, dass die Wiedereingliederung einseitig von der Beklagten abgebrochen worden sei. Dies ergebe "sich bereits aus der Erklärung des Herrn X. vom 9. Oktober 2013, welche auch in der ersten Person formuliert" worden sei.
Angebote zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements vom 15. Oktober 2013 und 26. November 2013 wurden von der Klägerin nicht angenommen. Einladungen zur betriebsärztlichen Untersuchung am 28. Oktober 2013 und für den 9. Dezember 2013 folgte die Klägerin nicht. Die Beklagte kündigte der Klägerin sodann mit Schreiben vom 24. Januar 2014 nach Beteiligung des Personalrats zum 28. Februar 2014. Eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte vor dem Arbeitsgericht Mainz (Aktenzeichen 9 Ca 213/14) Erfolg.
Im Rahmen des Rechtsstreites mit dem Aktenzeichen 9 Ca 213/14 vor dem Arbeitsgericht Mainz trug der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter dem 27. Mai 2014 schriftsätzlich (Bl. 35 ff d. A.) vor, die Klägerin habe am 9. Oktober 2013 das Gespräch zwischen ihrem Vorgesetzten, dem Leiter der Familienkasse W. und ihr auf ihrem Smartphone aufgezeichnet. Mit Schreiben vom 11. Juni 2014 (Bl. 34 f d. A.) wurde die Klägerin daraufhin von der Beklagten zum Vorwurf der heimlich technischen Aufzeichnung des Gesprächs angehört. Sie nahm hierzu durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 23. Juli 2014 (Bl. 38 ff d. A.) Stellung.
Die Beklagte beteiligte anschließend den Personalrat im Hinblick auf eine beabsichtigte ordentliche Kündigung. Der Personalrat stimmte der beabsichtigten Kündigung am 6. August 2014 zu.
Unter den 6. August 2014 (Bl. 15 f d. A.) kündigte die Beklagte der Klägerin fristgerecht zum 30. September 2014 wegen der heimlichen technischen Aufzeichnung im Zusammenhang mit einem Personalgespräch mit ihrem Vorgesetzten und deren unbefugter Überlassung an Dritte. Zur strafrechtlichen Prüfung des Sachverhaltes wurde von dem Leiter der Familienkasse W., V. X., Strafanzeige erstattet. Das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wurde bei der Staatsanwaltschaft C.-Stadt unter dem Aktenzeichen 00000, das Ermittlungsverfahren gegen den Klägervertreter beim Polizeipräsidium U. unter der V-Nr. 00000 geführt. Es ergingen Strafbefehle, gegen die von der Klägerin bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten Einspruch eingelegt wurde.
Mit ihrer am 11. August 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage wendet sich die Klägerin gegen die ihr am 9. August 2014 zugegangene Kündigung vom 6. August 2014.
In einem weiteren, derzeit beim Arbeitsgericht Mainz anhängigen Rechtsstreit hat die Klägerin die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglich vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses angegriffen.
Die Klägerin hat vorgetragen,
die Anordnung eines Arbeitsbeginns um 8.00 Uhr sei im Hinblick auf die Gleitzeitregelung nach dem Tarifvertrag vollkommen rechtswidrig gewesen. Diese Forderung des Herrn X. habe für sie eine klare Kampfansage dargestellt. Obwohl sie immer um 8.00 Uhr habe erscheinen müssen, habe sie keinerlei ernstzunehmende Tätigkeiten gehabt. Sie sei nicht eingearbeitet oder beschäftigt worden.
Herr X. habe beim Gespräch am 9. Oktober 2013 versucht, sie erfolglos zu einem Abbruch der Wiedereingliederungsmaßnahme zu überreden. Die Sache habe so dargestellt werden sollen, als ob sie es gewesen sei, die die Wiedereingliederung abgebrochen habe. Sie sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte im Fall einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung nicht an ihre prozessuale Wahrheitspflicht halte, so dass sie keine andere Möglichkeit gesehen habe, als das Gespräch in irgendeiner Weise zu fixieren. Sie sei davon ausgegangen, zur Gesprächswahrnehmung verpflichtet gewesen zu sein. Sie habe auch niemand mitnehmen können, da sie sich im Standort in C.-Stadt "im Feindesland" befunden habe und auch zu dem Personalrat habe kein Vertrauen aufbauen können. Am 9. Oktober 2013 habe sie auch noch keinen rechtlichen Beistand gehabt. Diesen habe sie erst am 10. Oktober 2013 mandatiert. Sie habe sich, wie Dr. med. T. in seinem Schreiben an das Arbeitsgericht vom 25. Mai 2014 ausgeführt habe, in einer Situation des "Alleingelassenseins" befunden, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sei, irgendeine andere Person darum zu bitten, mit zu den Gesprächen zu kommen.
Das Verhalten von Herrn X. sei auf die Erzeugung einer andauernden Zwangslage gerichtet gewesen, welche erst mit dem Erreichen des Nötigungserfolgs oder der gerichtlichen Aufklärung ende. Durch sein sowie das Verhalten der Beklagten sei die Gefahr einer fortdauernden Rechtsgüterbeeinträchtigung gegeben gewesen. Sie habe bereits seit längerem erkennen müssen, dass die Beklagte sie "irgendwie" habe loswerden wollen. Die Tonaufnahme zur Beweissicherung gegen den Täter, hier Herrn X., der von ihr eine falsche Erklärung verlangt habe, sei ein geeignetes Mittel, dieser Dauergefahr zu begegnen. Ihre, des Opfers, Interessen überwögen die Interessen des Schädigers, des Herrn X., der die Vergänglichkeit seiner Worte dazu benutze, um weitere Rechtsgutverletzungen, zum Beispiel eine falschen Aussage über den Gesprächsverlauf, zu begehen. Sie sei bei der Gesprächsaufzeichnung nach Notstandsgrundsätzen gemäß § 34 StGB gerechtfertigt gewesen. Sie habe sich in einer psychisch sehr schweren Lage befunden, weshalb sie erkrankt sei und wegen der sie auch die Wiedereingliederung durchgeführt habe. Es werde daher bestritten, dass sie bei der Aufnahme voll umfänglich schuldfähig im Sinne der §§ 20, 21 StGB gewesen sei. Sie sei davon ausgegangen, zur Aufnahme befugt gewesen zu sein.
Die Beklagte habe im ersten Kündigungsrechtsstreit keine Gelegenheit ausgelassen, unwahr vorzutragen. Auch gegenüber dem Arbeitsgericht Mainz sei vorgetragen worden, dass sie, die Klägerin es nicht geschafft habe, die Arbeit um 08:00 Uhr aufzunehmen, wofür Herr X. von der Beklagten als Zeuge benannt worden sei. Richtig sei allein, dass sie um 08:00 Uhr zur Arbeit erschienen sei, ihr aber keine Arbeit angeboten worden sei. Der Vortrag der Beklagten vor dem Arbeitsgericht, sie habe die Wiedereingliederung von sich aus beendet, erfülle die Voraussetzungen des § 263 StGB, der hier von der Beklagten zu ihren Lasten versucht worden sei. Sie ist der Ansicht, die Beklagte hätte ihren unwahren Vortrag mit Sicherheit weiter aufrechterhalten, wenn sie das Wortprotokoll nicht hätte vorlegen können.
Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe sie vor Ausspruch einer Kündigung zunächst abmahnen müssen. Außerdem sei ein Mitverschulden der Beklagten an der den Anlass der Kündigung bildenden Vertragsstörung zu berücksichtigen.
Es werde davon ausgegangen, dass die Strafanzeige gegenüber dem Klägerprozessbevollmächtigten von dem ihrem Prozessbevollmächtigten durchaus unsympathischen Prozessvertreter der Beklagten nuanciert worden sei, der hier offensichtlich meine, mit einer altbewerten deutschen Tradition, nämlich der Denunziation der Ermittlungsbehörden punkten oder einen Keil zwischen sie und ihren Prozessbevollmächtigten treiben zu können. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagte kenne den Klägervertreter allerdings nicht. Das einzige was er hiermit erreicht habe, ist, dass der Klägervertreter dieses Verfahren jetzt zu seinem eigenen mache, was zu einer verschärften Gangart führe. Wie der Schriftsatz vom 10. Oktober 2014 zeige, habe es der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mehr mit "Schlägen unter die Gürtellinie" als mit der Erfüllung eines gerichtlichen Beschlusses.
Wenn Herr X. von ihr gefordert habe, dass sie jeweils um 8.00 Uhr auf der Arbeit erscheine, könne es - wenn notwendig - nur zwei Gründe hierfür geben: Entweder habe Herr X. ein Problem mit sich selbst und benötige den Missbrauch von Macht gegenüber Untergebenen für die Stabilisierung seines Egos. Oder Herr X. sei gefestigt und versuche, allerdings auch unter dem Missbrauch seiner Macht, sie mit miesen Tricks loszuwerden. Eine dritte Alternative sei nicht möglich, außer dass Herr X. überhaupt nicht wisse, was eine stufenweise Wiedereingliederung sei, was aber nicht angenommen werden könne. Hier werde vermutet, dass die zweite Alternative der Vater des Gedankens gewesen sei, wie sich auch aus dem weiteren Verhalten des Herrn X., der jetzt von der Beklagten als Opfer hochstilisiert werde, zeige.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 6. August 2014, zugegangen am 9. August 2014, beendet wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
das Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG mit Ablauf des 30. September 2014 aufzulösen und eine Abfindung von Amts wegen festzusetzen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zurückzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
die Klägerin hätte das Personalgespräch jederzeit unterbrechen können, um eine Person ihres Vertrauens hinzuzuziehen, zum Beispiel ein Mitglied der Personalvertretung oder auch ihren Rechtsbeistand. Sie, die Beklagte, habe nicht unwahr vorgetragen, insbesondere nicht, die Klägerin habe die Wiedereingliederung von sich aus beendet.
Sie war der Ansicht, durch die heimliche Aufnahme des Gesprächs auf dem Smartphone und dadurch dass die Klägerin diese Aufnahme Ende Mai 2014 ihrem Prozessbevollmächtigten zugänglich gemacht habe, der diese unerlaubten Aufzeichnungen mit Schriftsatz vom 27. Mai 2014 weiterverbreitet habe, sei der Tatbestand des § 201 Abs. 1 StGB verwirklicht. Ein Rechtfertigungsgrund liege nicht vor. Damit lägen erhebliche arbeitsvertragliche Verstöße vor. Der Klägerin habe bewusst sein müssen, dass das heimliche Aufzeichnen und Gebrauchen der Aufnahme das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien so erschüttern werde, dass es auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könne. Eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei nicht mehr zu erwarten.
Die ehrverletzenden Äußerungen, insbesondere im Schriftsatz des Klägervertreters vom 13. November 2014, seien durch keinerlei Tatsachenvortrag gestützt und unwahr. Das Vertrauensverhältnis sei damit endgültig zerstört.
Die Klägerin hat hinsichtlich des Auflösungsantrags erwidert,
durch die vollkommen sinnlosen Strafanzeigen habe die Beklagte künstlich eine Schärfe in das Verfahren gebracht, wegen der sie damit habe rechnen müssen, dass etwas schärfer geantwortet werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 4. März 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die zulässige Klage sei unbegründet, da die Kündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt sei. In der heimlichen Aufzeichnung des Personalgesprächs mit ihrem Vorgesetzten durch die Klägerin auf ihrem Smartphone sei ein schwerer Verstoß gegen die vertragliche Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB zu sehen. Auf die strafrechtliche Würdigung komme es nicht entscheidend an. Die Beklagte habe ihre Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auch im Hinblick auf die Vertraulichkeit des Worts zu schützen. Ein Gespräch dürfe - auch im Betrieb - nicht aufgezeichnet werden. Die Klägerin habe vorsätzlich - ebenfalls im Hinblick auf die Heimlichkeit - gehandelt. Zweifel an der Schuldhaftigkeit/-fähigkeit ihres Verhaltens habe die Klägerin weder nachvollziehbar noch ausreichend substantiiert dargelegt. Das Verhalten der Klägerin sei auch nicht gerechtfertigt gewesen. Allein das angespannte Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien könne nicht ausreichen, um einen derartigen Vertrauensbruch durch die Klägerin zu rechtfertigen. Ein milderes Mittel als eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses habe nach Überzeugung der Kammer nicht bestanden. Das Vertrauensverhältnis sei allein durch ein einmaliges Aufzeichnen des Personalgesprächs endgültig zerstört. Es sei der Beklagten nicht zumutbar, auf einen weiteren Wiederholungsfall zu warten. Für die Klägerin sei bei ihrem Fehlverhalten erkennbar gewesen, dass die Beklagte ein solches Verhalten nicht hinnehmen werde. Auch nach Abwägung der gegenseitigen Interessen der Parteien und Würdigung der Besonderheiten des Kündigungssachverhalts erweise sich die streitgegenständliche Kündigung als wirksam.
Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz (Bl. 172 ff d. A.) Bezug genommen.
Das genannte Urteil ist der Klägerin am 29. April 2015 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem 15. Mai 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 13. Mai 2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 30. Juni 2015 bis zum 20. Juli 2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 20. Juli 2015 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.
Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der Schriftsätze vom 19. August 2015 und vom 7. Oktober 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 208 ff., 259 f., 272 f. d. A.), zusammengefasst geltend,
es hätten zwei Gespräche mit Herrn X. stattgefunden. Das erste Gespräch habe sie nicht mit dem Smartphone mitgeschnitten. Erst nach einer Unterbrechung habe sie den zweiten Teil des Gesprächs, nachdem ihr von Herrn X. gedroht worden sei, mitgeschnitten. Bei diesem ersten Gespräch habe der Vorgesetzte sogleich artikuliert, was er von ihr erwarte. Als sie das Gesprächsansinnen abgelehnt habe, sei das Gespräch unterbrochen und auf einen späteren Zeitpunkt am gleichen Tag verschoben worden. Es sei doch vollkommen klar gewesen, dass hier weiterhin versucht werden sollte, ihr mit dem Mittel der Unwahrheit zu schaden.
Das Arbeitsgericht drehe die Regel, nämlich dass der Arbeitgeber zuerst abmahnen müsse, bevor er verhaltensbedingt kündigen könne, in ihr Gegenteil. Ihr habe nicht klar sein müssen, dass die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis wegen der Aufnahme sofort kündigen werde, insbesondere weil sie zu dem Zeitpunkt der Aufnahme in einer Notsituation gewesen sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass nicht die Beklagte als solche, sondern höchstens Herr X. durch die Aufzeichnung betroffen sein könnte. Weil Herr X. versucht habe, vor dem Arbeitsgericht in Mainz wahrheitswidrig zu behaupten, dass die Klägerin selbst die Wiedereingliederung habe beenden wollen, hätte die Beklagte auch diesem kündigen müssen. Erst als im Vorprozess die Aufnahme ins Gespräch gekommen sei, habe die Beklagte davon abgelassen, diese Unwahrheit weiterhin aufrechtzuerhalten.
Sie, die Klägerin, habe keinen Hinweis auf § 201 StGB erhalten, sowie erst- und einmalig gehandelt. Ohne das Verhalten des Herrn X. hätte sie zu keinem Zeitpunkt das Gespräch aufgezeichnet. Von der Aufzeichnung hätte niemand etwas erfahren, wenn die Beklagte in dem ersten arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren im Beisein von Herrn X. nicht versucht hätte, ihre Erfolgsaussichten mit unwahrem Vortrag aufzubessern.
Bei der Beklagten handele es sich um eine Arbeitgeberin, die über 90.000 Menschen in Deutschland beschäftige und bei der sich ein anderer Platz finden lassen sollte, auf der sie beschäftigt worden könne.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 4. März 2015, zu dem Aktenzeichen 1 Ca 1503/14 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 6. August 2014, zugegangen am 9. August 2014, beendet wird,
2. hilfsweise, den Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 25. September 2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 267 ff d. A.), als rechtlich zutreffend. Die Behandlung der Wiedereingliederung durch sie sei nicht rechtsfehlerhaft oder willkürlich erfolgt. Ohne rechtliche Relevanz sei, ob sie durch Herrn X. erklärt haben solle, dass er erreichen wollte, dass die Klägerin die Wiedereingliederung abbreche oder der Arbeitgeber diese abgebrochen habe. Bei dem Wiedereingliederungsverhältnis handele es sich um ein Vertragsverhältnis sui generis mit der Folge, dass sie auch Arbeitszeiten abweichen von bisher geltenden Regelungen festlegen könne, die ihr aus Gründen der Wiedereingliederung sachgerecht erschienen. Jede der Parteien könne die stufenweise Wiedereingliederung jederzeit unter Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einseitig abbrechen.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 3. Februar 2016 (Bl. 279 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Akte Arbeitsgericht Mainz, Az. 9 Ca 213/14 beigezogen.
Entscheidungsgründe
A. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.
B. In der Sache hatte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6. August 2014 wegen heimlicher Aufnahme des Gesprächs mit dem Leiter der Familienkasse V. X. durch die Klägerin auf ihrem Smartphone und die spätere Verwendung dieser Aufnahme beendet worden.
I. Das Kündigungsschutzgesetz findet gemäß § 1 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 KSchG Anwendung.
II. Nach 2 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit § 33 Abs. 4 TV-BA kann auch ein befristeter Arbeitsvertrag - wie der zwischen den Parteien abgeschlossene - ordentlich gekündigt werden. Die Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendermonats ist vorliegend eingehalten.
III. Die Klägerin hat die von der Beklagten am 6. August 2014 ausgesprochene Kündigung innerhalb der 3-Wochen-Frist der §§ 4, 7 KSchG angegriffen. Sie ist jedoch sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 1, 2 KSchG). Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund ist gegeben.
1. Eine ordentliche verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung ist unter anderem dann nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen – wie etwa eine Abmahnung – von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (vgl. nur BAG, Urteil vom 23. Januar 2013 - 2 Sa 252/12 - NZA 2014, 965, 966 Rn. 16 m. w. N.). Im Vergleich mit einer fristgemäßen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Versetzung und eine Abmahnung in Betracht.
Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - NZA 2014, 250, 252; vom 23. Januar 2013 - 2 Sa 252/12 - NZA 2014, 965, 966 Rn. 16, jeweils m. w. N.).
2. Danach ist die ordentliche Kündigung vom 6. August 2014 durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt. Ein kündigungsrelevantes Verhalten liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung sozial rechtfertigen (BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - NZA 2013, 1345, 1347 Rn. 24 m. w. N.). Nach der allgemeinen Regel des § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei eines Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitsgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - NZA 2013, 1345, 1347 Rn. 26 m. w. N.).
Die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist und eine stufenweise Wiedereingliederung durchgeführt wird. Ein Wiedereingliederungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis, sondern ein Rechtsverhältnis eigener Art, weil es nicht auf eine Arbeitsleistung im üblichen Sinn gerichtet ist, sondern als Maßnahme der Rehabilitation dem Arbeitnehmer ermöglichen soll, die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Zur Begründung des Wiedereingliederungsverhältnisses bedarf es einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es gilt für beide Seiten das Prinzip der Freiwilligkeit (BAG, Urteil vom 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - AP BGB § 615 Nr. 135 Rn. 32). Trotz dieser Zielsetzung des Wiedereingliederungsverhältnisses bestehen in diesem Nebenpflichten, die sich als fortwirkende Ausstrahlung des in seinen Hauptpflichten weiter ruhenden Arbeitsverhältnisses ergeben, soweit sie mit dem Zweck der Wiedereingliederungsmaßnahme vereinbar sind, wie das Weisungsrecht, die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, Treuepflichten (BAG, Urteil vom 29. Januar 1992 - 5 AZR 37/91 - NZA 1992, 643, 644) und auch die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht. Dabei ist das Fortdauern der Nebenpflichten für die Durchführung des Wiedereingliederungsverhältnisses von großer Bedeutung, da im Wiedereingliederungsverhältnis der Arbeitnehmer - wenn auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses - im Betrieb tätig ist. Sowohl um etwaige Gefahren von allen Beteiligten abzuwenden bzw. verhindern zu können, als auch um den Vertragszweck des Wiedereingliederungsverhältnisses zu erreichen, ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber seinen Nebenpflichten nachkommt, entsprechendes vom Arbeitnehmer erwarten darf und auch Weisungen erteilen kann (Schmidt NZA 2007, 893, 895).
Die Klägerin hat ihre arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) durch die heimliche Aufnahme eines zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten, dem Leiter der Familienkasse X., geführten Personalgesprächs erheblich verletzt. Sie hat darüber hinaus den heimlich erstellten Gesprächsmitschnitt gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten und ein mithilfe der Aufnahme erstelltes Wortprotokoll im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Mainz mit dem Az. 9 Ca 213/14 verwendet.
Der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs ist grundsätzlich geeignet, eine ordentliche verhaltensbedingte als auch eine außerordentliche Kündigung „an sich“ zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung (vgl. § 201 StGB) an. Maßgeblich ist die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung der dem Arbeitnehmer nach § 241 Abs. 2 BGB obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers (vgl. BAG, Urteil vom 19. Juli 2012 – 2 AZR 989/11 – NZA 2013, 143 zur außerordentlichen Kündigung).
Die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht wird verletzt, wenn der Arbeitnehmer durch sein Vorgehen in den Schutzbereich der Grundrechte seines Vorgesetzten oder anderer Mitarbeiter eingreift, ohne dass dies durch überwiegende Interessen des Arbeitnehmers gerechtfertigt ist.
Das heimliche Mitschneiden des Gesprächs durch die Klägerin ist rechtswidrig, weil aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes folgt. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG schützt auch Rechtspositionen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit notwendig sind. Dazu gehört in bestimmten Grenzen, ebenso wie das Recht am eigenen Bild, das Recht am gesprochenen Wort. Deshalb darf grundsätzlich jedermann selbst und allein bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll sowie ob und vor wem seine auf einen Tonträger aufgenommene Stimme wieder abgespielt werden darf (BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 1973 – 2 BvR 454/71 – NJW 1973, 891). Das Grundrecht umfasst die Befugnis des Menschen, selbst zu bestimmen, ob seine Worte einzig seinem Gesprächspartner, einem bestimmten Kreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen (BVerfG [3. Kammer des 1. Senats], Beschluss vom 19. Dezember 1991 – 1 BvR 382/85 – NJW 1992, 815).
a) Am 9. Oktober 2013 wurde die Klägerin, als sie um 9.30 Uhr zur Arbeit erschien, zu Herrn X. gerufen. Es fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten betreffend die Wiedereingliederung statt. Dieses wurde von Herrn X. unterbrochen, um Rücksprache zu halten. Dabei hat die Klägerin ihre vertragliche Rücksichtnahmepflicht sowohl dann schwer verletzt, wenn sie beide Gesprächsteile aufgenommen hat, als auch in dem Fall, dass sie lediglich den zweiten Gesprächsteil nach der Unterbrechung aufgenommen hat.
Im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 27. Mai 2014 im Rechtsstreit 9 Ca 213/14 hat die Klägerin ausgeführt, sie habe "das Gespräch" mit ihrem Smart-Phone aufgezeichnet. Sie hat weiter den Gesprächsablauf nach Rollen dargestellt, beginnend mit der Äußerung des Herrn X.: "Sie sind zu spät! Sie kriegen das nicht in den Griff. Dann sind Sie krank." Die Klägerin schilderte sodann den weiteren Wortwechsel in wörtlicher Rede, um sodann auszuführen, dass sie ca. 45 Minuten später erneut zum Gespräch gerufen wurde. Dieses Gespräch wird sodann im Wortlaut geschildert. Ausgehend von diesem Vortrag der Klägerin hat sie bereits den ersten Gesprächsteil am 9. Oktober 2013 mit Herrn X. auf ihrem Smartphone aufgezeichnet. Sie hat damit die Aufzeichnung bereits zu einem Zeitpunkt begonnen, als es noch zu keinem Gespräch zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten hinsichtlich des Abbruchs der Wiedereingliederung gekommen war. In eine Zwangslage konnte Herr X. sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht gebracht haben. Herr X. war im Ausbildungsverhältnis, in dem es bereits zu Spannungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien gekommen war, noch nicht Vorgesetzter der Klägerin. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass Herr X. für die Übertragung der Tätigkeit als Assistentin Kindergeld in der Agentur für Arbeit C.-Stadt verantwortlich gewesen wäre. Die Anordnung eines Arbeitsbeginns um 8.00 Uhr im Rahmen des Wiedereingliederungsverhältnisses war - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht rechtswidrig. Da das Wiedereingliederungsverhältnis ein Rechtsverhältnis eigener Art ist, gilt eine im Arbeitsverhältnis geltende Gleitzeitregelung nicht ohne weiteres auch für ein solches Wiedereingliederungsverhältnis. Gegenüber der Klägerin konnte ein fester Tätigkeitsbeginn um 8.00 Uhr vorgegeben werden. Als die Klägerin am 9. Oktober 2013 bei ihrem verspäteten Erscheinen zur Wiedereingliederung zum Gespräch mit Herrn X. gerufen wurde, hatte sie daher keinen von der Herrn X. herrührenden Anlass, das Gespräch heimlich auf ihrem Smartphone mitzuschneiden. Aber auch dann, wenn die Beklagte den Arbeitsbeginn im Wiedereingliederungsverhältnis nicht auf 8.00 Uhr hätte festlegen dürfen, hätte die Klägerin ihr Gespräch mit Herrn X. nicht vorsorglich auf dem Smartphone festhalten dürfen.
b) Aber auch für einen Mitschnitt lediglich des zweiten Gesprächsteils - wie zuletzt von der Klägerin vorgetragen - hatte die Klägerin keine Veranlassung. Aus dem von ihr im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz mit dem Az. 9 Ca 213/14 - nach Rollen dargestellten - Gesprächsablauf lässt sich nicht entnehmen, dass Herr X. sie vor der Unterbrechung des Gesprächs zu einem einvernehmlichen Abbruch der Wiedereingliederung gedrängt hat. Herr X. hat nach Darstellung der Klägerin vielmehr dargestellt, dass dann, wenn die Klägerin nicht "um 8.00 auf der Matte" stehe, "wir auch in Ihrem Sinne die Reißleine ziehen" müssen "und die Wiedereingliederung (...) als gescheitert" gelte. Er hat weiter darauf verwiesen, dass er "das jetzt nochmal mit dem Kollegen S. (Teamleiter Personalteam R.-Stadt)" abstimme. Auf die Nachfrage der Klägerin, ob er jetzt sofort die Wiedereingliederung abbrechen wolle, soll er geantwortet haben: "Nein das mache ich jetzt nicht. Ich stimme mich jetzt erst mal mit dem Kollegen ab. Aber wenn Sie sagen, dass Sie aus dieser Geschichte nicht kommen, dann ist diese Wiedereingliederung für Sie momentan zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht das Richtige für Sie!" Auf den Einwand der Klägerin, sie habe sich zugetraut, dass sie das schaffe, soll Herr X. geantwortet haben: "Ich stimme mich jetzt erst mal mit dem Herrn S. ab und gebe Ihnen dann ein Rückmeldung. Aber nochmal, wenn wir beide zu dem Ergebnis kommen, dass es Ihnen nicht gelingen wird, wäre es die Konsequenz gegenüber der Krankenkasse zu dokumentieren, dass die Wiedereingliederung gescheitert ist. (…)." Aus diesem Vortrag der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass Herr X. die Klägerin im ersten Gesprächsteil in eine Zwangslage gebracht und zur Abgabe einer Erklärung gedrängt hätte.
Die Beklagte benötigte auch nicht das Einverständnis der Klägerin zum Abbruch der Wiedereingliederung. Da der Arbeitgeber wegen des Freiwilligkeitsvorbehalts hinsichtlich des Abschlusses eines Wiedereingliederungsverhältnisses nicht verpflichtet ist, einen Wiedereingliederungsvertrag abzuschließen, muss auch die Möglichkeit bestehen, das Wiedereingliederungsverhältnis unabhängig vom Eintreten einer Bedingung sowie ohne Angabe von Gründen zu beenden (Schmidt NZA 2007, 893, 895 m. w. N.; BeckOK SozR/Wendtland SGB V § 74 Rn. 5).
Darüber hinaus hatte die Klägerin während der Unterbrechung zwischen den beiden Gesprächsteilen circa 45 Minuten Zeit, ihre Situation zu überdenken, andere Mitarbeiter oder einen Vertreter des Personalrats zu befragen und zum zweiten Gesprächsteil hinzuziehen oder telefonisch einen Rechtsanwalt zu kontaktieren. Weiter hätte sie sich schriftliche Notizen über den Gesprächsinhalt machen, Herrn X. um sein Einverständnis mit der Aufzeichnung des Gesprächs auf Smartphone bitten oder eine Gesprächsteilnahme ablehnen können.
c) Schließlich hat die Klägerin mit Hilfe der unbefugt hergestellten Aufnahme ein Wortprotokoll der beiden Teile des Gesprächs am 9. Oktober 2013 oder zumindest des zweiten Teils dieses Gesprächs angefertigt. Dieses Wortprotokoll wurde sodann mit Schriftsatz vom 27. Mai 2014 in den Kündigungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Mainz, Az. 9 Ca 213/14 eingeführt. Dadurch hat die Klägerin erneut ihre Rücksichtnahmepflicht schwer verletzt. Entgegen der Ansicht der Klägerin war diese nach Auffassung der Kammer nicht zur Wiedergabe des Gesprächsmitschnitts durch das Verhalten der Beklagten gezwungen. Zum einen war dem Klägervertreter bereits bei Einreichung des Schriftsatzes vom 27. Mai 2014 klar, dass das unter Verwendung der heimlich hergestellten Aufnahme hergestellte Wortprotokoll im Kündigungsrechtsstreit nicht als Beweismittel verwendet werden konnte. Dies ergibt sich daraus, dass er auf Seite 3, letzter Absatz dieses Schriftsatzes ausgeführt hat: "Wenn auch gerichtlich sicher nicht verwertbar, hat die Klägerin das Gespräch mit ihrem Smart-Phone aufgezeichnet." Für die Entscheidung des Rechtsstreits betreffend die krankheitsbedingte Kündigung kam es auch nicht entscheidend auf die von der Klägerin problematisierte Frage, ob die Wiedereingliederung einvernehmlich oder von Seiten der Beklagten abgebrochen wurde, an. Schließlich ergibt sich bereits aus dem von Herrn X. unter dem 9. Oktober 2013 erstellten, der Klägerin zur Verfügung gestellten Gesprächsnotiz, dass er selbst den Versuch der stufenweisen Wiedereingliederung als gescheitert angesehen hat. Der Gesprächsvermerk ist aus Sicht des Herrn X. formuliert ("Aus meinem heute persönlich mit A. geführten Gespräch ist folgendes zu festzustellen:"). Er führt abschließend aus: "Ich komme zu dem Ergebnis, dass es nicht möglich sein wird dem Erfordernis der stufenweisen Wiedereingliederung, aus gesundheitlichen Gründen, zu entsprechen. Ich sehe den Versuch als gescheitert. vorgelesen, besprochen und verstanden." Darauf, dass sich "bereits aus der Erklärung des Herrn X. vom 09.10.2013, welche auch in der ersten Person formuliert wurde", ergibt, dass die Wiedereingliederung nicht in beiderseitigem Einvernehmen beendet, sondern einseitig von der Beklagten abgebrochen wurde, hat auch der Klägervertreter bereits mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 22. Oktober 2013 hingewiesen.
3. Die Pflichtverletzungen sind der Klägerin auch vorwerfbar.
Grundsätzlich ist eine Pflichtverletzung dem Arbeitnehmer nur dann vorwerfbar, wenn dieser seine ihr zugrunde liegende Handlungsweise steuern konnte. Ein Verhalten ist steuerbar, wenn es vom Willen des Arbeitnehmers beeinflusst werden kann. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Arbeitnehmer die Pflichterfüllung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen subjektiv nicht möglich ist. Liegt dagegen nur ein objektiv pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers vor, so kann dies ausnahmsweise dann eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen, wenn die Folgen für den Arbeitgeber erheblich waren. Ein nicht schuldhaftes Fehlverhalten kann auch dann genügen, wenn auf Grund objektiver Umstände mit wiederholten Pflichtwidrigkeiten des Arbeitnehmers zu rechnen ist.
Die Klägerin hat ihr Verhalten sowohl beim Mitschnitt des Gesprächs als auch bei seiner späteren Verwendung bewusst gesteuert. Sie hat nach ihrem Vortrag das vertrauliche Personalgespräch gezielt mitgeschnitten, um in einer aus ihrer Sicht möglichen späteren prozessualen Auseinandersetzung ein Beweismittel über den Inhalt des Gesprächs in der Hand zu haben. Das mit Hilfe des Mitschnitts erstellte Wortprotokoll wurde durch ihren Prozessbevollmächtigten schriftsätzlich wiedergegeben.
Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe hat die Klägerin nicht substantiiert aufgezeigt. Die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess ist abgestuft, soweit es um Gründe geht, die das Verhalten des Arbeitnehmers entlasten oder entschuldigen könnten. Der Arbeitgeber darf sich zunächst darauf beschränken, den objektiven Tatbestand einer Pflichtverletzung vorzutragen. Er muss nicht jeden erdenklichen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund ausschließen. Vielmehr ist es Sache des Arbeitnehmers, für das Eingreifen solcher Umstände zumindest greifbare Anhaltspunkte aufzuzeigen. Der Arbeitgeber muss erst bei substantiierter Einlassung des Arbeitnehmers beweisen, dass dessen Behauptungen nicht zutreffen (BAG, Urteil vom 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - NZA 2016, 161, 165 Rn. 40).
Wie unter 2. dargelegt, war die Klägerin nicht gezwungen, zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen heimlichen Gesprächsmitschnitt anzufertigen, auf dessen Grundlage ein Wortprotokoll zu erstellen und dieses in den Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Mainz, Az. 9 Ca 213/14 einzuführen. Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist ihr über § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.
Zweifel an der Schuldfähigkeit der Klägerin (§§ 20, 21 StGB) bestehen nicht. Zwar hat die Klägerin erstinstanzlich bestritten, dass sie bei der Aufnahme vollumfänglich schuldfähig im Sinn der §§ 20, 21 StGB gewesen sei. Vortrag hierzu hat sie jedoch nicht gehalten. Zweifel an der Schuldfähigkeit der Klägerin ergeben sich auch nicht aus dem an das Amtsgericht Mainz gerichteten Schreiben des Dr. med. N. T., A-Stadt vom 25. Mai 2014 (Bl. 96 ff. d. A.). Dr. T. stellt in diesem Schreiben abschließend die Diagnose "Generalisierte Angststörung nach multiplen Kränkungen durch Arbeitgeber und Kollegen". Er führt ergänzend aus, die Klägerin habe "mit schwerwiegenden Ängsten und Schlafstörungen zu kämpfen und" sei "seit dem 27.06.2013 arbeitsunfähig erkrankt. Die aktuelle Erkrankung" sei "im Zusammenhang mit den beruflichen Kränkungen entstanden. Zur Behandlung" werde "sie erstmals auch medikamentös behandelt".
4. Das Fehlverhalten der Klägerin hat sich betrieblich ausgewirkt. Das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten X. sowie zwischen ihr und der Beklagten ist durch den heimlichen Mitschnitt des vertraulichen Personalgesprächs und seine spätere Verwendung zerstört.
5. Eine auf diese Pflichtverletzungen gestützte ordentliche Kündigung ist nicht unverhältnismäßig. Zwar hat die Beklagte die Klägerin vor Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung nicht einschlägig abgemahnt. Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer nicht. Angesichts der Schwere der Pflichtverletzungen war eine Hinnahme des Verhaltens der Klägerin durch die Beklagte ausgeschlossen. Die mit einer Abmahnung oder Versetzung als mildere Mittel verbundene Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus ist der Beklagten objektiv unzumutbar.
Bei dem heimlichen Mitschnitt eines vertraulichen Personalgesprächs auf einem Smartphone und der anschließenden Verwendung dieser Aufnahme handelt es um eine so schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht, dass die Klägerin davon ausgehen musste, dass dieser Verstoß auch ohne vorherige Abmahnung zur einer (ordentlichen) Kündigung durch die Beklagte führen würde.
Die Klägerin musste auch nicht von der Beklagten auf das Verbot heimlicher Gesprächsaufnahmen hinweisen. Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass allen Mitarbeitern ein solches Verbot auch ohne ausdrücklichen Hinweis bekannt ist. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass nach § 201 Abs. 1 StGB "mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe" bestraft wird, "wer unbefugt 1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder 2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht." Gemäß § 201 Abs. 2 Nr. 2 StGB wird ebenso bestraft, "wer unbefugt" "das nach Abs. 1 Nr. 1 aufgenommene (…) nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen im Wortlaut oder seinem wesentlichen Inhalt nach öffentlich mitteilt." Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass ihr das Verbot heimlicher Mitschnitte und ihrer Verwendung nicht bekannt gewesen wäre. Sie hat sich lediglich darauf berufen, subjektiv keine andere Wahl als den Gesprächsmitschnitt gehabt zu haben. Diese Einschätzung hat sie auch nach anwaltlicher Beratung aufrechterhalten und sich weitergehend auf das erstellte Wortprotokoll gestützt.
6. Die Kündigung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Klägerin auf einem anderen Arbeitsplatz zu Bedingungen hätte weiterbeschäftigt werden können, unter denen sich die eingetretene Vertragsstörung nicht mehr, zumindest nicht mehr in erheblicher Weise ausgewirkt hätte. Selbst wenn ein anderweitiger Arbeitsplatz frei gewesen wäre, wäre der Beklagten eine Weiterbeschäftigung nach Ansicht der Kammer nicht zumutbar gewesen. Durch die Pflichtverletzungen der Klägerin ist nicht nur das Vertrauen des Herrn X. gegenüber der Klägerin zerstört worden. Anlass für die Pflichtverletzungen war aus Sicht der Klägerin nicht lediglich ein konkretes Verhalten des Herrn X. oder ein zerrüttetes Verhältnis zwischen der Klägerin und Herrn X.. Der Klägerin war erst seit dem 27. Juni 2013 die Tätigkeit als Assistentin Kindergeld in der Agentur für Arbeit C.-Stadt (Familienkasse W.) übertragen worden. Seit diesem Zeitpunkt war sie arbeitsunfähig erkrankt, so dass es erst im Zuge am 2. Oktober 2013 begonnenen Wiedereingliederung zu einer Tätigkeit der Klägerin in der Familienkasse W. kam. Das Misstrauen der Klägerin, dass sie aus ihrer Sicht zum heimlichen Gesprächsmitschnitt veranlasste, ist nicht nur gegen ihren Vorgesetzten X., sondern ebenfalls gegen die Beklagte insgesamt gerichtet. Die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten konnte daher durch die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes nicht beseitigt werden. Die Beklagte ist verpflichtet, ihre Mitarbeiter vor der Gefahr der Aufnahme von vertraulichen Gesprächen und deren späteren Verwendung zu schützen.
7. Die vorzunehmende Interessenabwägung ergibt nach Ansicht der Kammer ein Überwiegen der Interessen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Im Rahmen der erforderlichen umfassenden Interessenabwägung ist das Interesse des Arbeitnehmers an dem Erhalt des Arbeitsplatzes dem Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüberzustellen. Gesichtspunkte sind unter anderem die Wiederholungsgefahr, die Art, Schwere und Häufigkeit der vorgeworfenen Pflichtwidrigkeiten, ein früheres Verhalten des Arbeitnehmers, ein Mitverschulden des Arbeitgebers, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter des Arbeitnehmers, die Lage auf dem Arbeitsmarkt sowie etwaige Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers.
Die Kammer hat insoweit insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit wiederholt versichert hat, keine heimlichen Aufnahmen mit ihrem Smartphone mehr anzufertigen und dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat. Die Klägerin hat jedoch nicht nur eine heimliche Aufnahme angefertigt, sondern mit Hilfe der Aufnahme auch ein Wortprotokoll angefertigt und dessen Inhalt - anwaltlich vertreten - in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren verwendet. Die Aufnahme betraf nicht (nur) ein zufällig geführtes Gespräch zwischen Arbeitskollegen, sondern ein Gespräch zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten, das durch besondere Vertraulichkeit gekennzeichnet ist. Schließlich ist die Klägerin zumindest in den zweiten Teil des Gesprächs bewusst in der Absicht hineingegangen, eine heimliche Aufnahme anzufertigen. Ein solches Verhalten kann sogar ein wichtiger Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung sein.
Die Kammer hat im Rahmen der Interessenabwägung aber auch bedacht, dass es in dem Ausbildungsverhältnis, das dem befristeten Arbeitsverhältnis vorangegangen ist, zu Schwierigkeiten gekommen ist, infolge derer die Klägerin laut dem Schreiben des Dr. med. N. T. vom 25. Mai 2014 an einer generalisierten Angststörung nach multiplen Kränkungen durch Arbeitgeber und Kollegen litt. In die Interessenabwägung eingezogen hat die Kammer weiter, dass der Klägerin im Anschluss an ihre Ausbildung (lediglich) ein Arbeitsvertrag in der Tätigkeitsebene VI übertragen worden war, während - nach dem Vortrag der Klägerin - alle anderen Auszubildenden mit TE V eingestellt wurden.
Zu berücksichtigen war aber weiter auch, dass die Klägerin im befristeten Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der heimlichen Aufnahme wegen Arbeitsunfähigkeit noch keine Arbeitsleistung erbracht hatte. Ihre Ausbildung hatte die Klägerin erst seit weniger als vier Monaten abgeschlossen. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung bestand das befristete Arbeitsverhältnis erst seit weniger als 14 Monaten.
In die Interessenabwägung einbezogen hat die Kammer außerdem einerseits dass die Klägerin im Kündigungszeitpunkt (erst) 31 Jahre alt war, andererseits aber ebenfalls, dass sie längere Zeit erkrankt gewesen war und dass ihre Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsförderung auf eine Berufstätigkeit bei der Beklagten ausgerichtet ist. Schließlich hat die Kammer in die Abwägung einbezogen, dass die Beklagte über eine Vielzahl von Arbeitsplätzen verfügt.
Zugunsten der Beklagten war jedoch auch zu berücksichtigen, dass diese ein hohes Interesse daran, die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes, insbesondere im Hinblick auf Personalgespräche, zu wahren. Personalgespräche müssen geführt werden können ohne den Argwohn und die Befürchtung, dass deren heimliche Aufnahme ohne die Einwilligung des Sprechenden oder gar gegen dessen erklärten Willen verwertet wird. Da heute viele Arbeitnehmer Smartphones verwenden, diese problemlos verborgen in Hosen- oder Jackentaschen mitgeführt werden können und die Aufnahme eines Gesprächs ohne größeren Aufwand möglich ist, kann die Beklagte ihre Mitarbeiter und sich selbst wenn überhaupt, dann nur mit großem Aufwand vor der missbräuchlichen Nutzung von Smartphones schützen. Der Gesprächspartner hat in der Regel keine Möglichkeit, zu erkennen, dass ein (vertrauliches) Gespräch mitgeschnitten wird. Die Beklagte hat daher ein überwiegendes Interesse daran, dass an die unbefugte Benutzung von Smartphones im Betrieb und ganz besonders in Personalgesprächen weitreichende Sanktionen geknüpft sind.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.
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