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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 03.02.2016, 7 Sa 220/15

   
Schlagworte: Kündigung, Verhaltensbedingte Kündigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 7 Sa 220/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 03.02.2016
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Mainz, 1 Ca 1503/14
   

Ak­ten­zei­chen:

7 Sa 220/15

1 Ca 1503/14
ArbG Mainz
Verkündet am: 03.02.2016

Te­nor
1. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz vom 4. März 2015 - Az. 1 Ca 1503/14 - wird auf Kos­ten der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.


Tat­be­stand
Die Par­tei­en strei­ten über die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 6. Au­gust 2014 zum 30. Sep­tem­ber 2014.

Die 1982 ge­bo­re­ne, le­di­ge, ge­genüber kei­ner Per­son zum Un­ter­halt ver­pflich­te­te Kläge­rin ab­sol­vier­te bei der Be­klag­ten in der Zeit vom 1. Sep­tem­ber 2010 bis zum 27. Ju­ni 2013 ei­ne Aus­bil­dung zur Fach­an­ge­stell­ten für Ar­beitsförde­rung. Während ih­rer Aus­bil­dung war die Kläge­rin wie­der­holt kurz­zei­tig er­krankt. Im Ok­to­ber 2012 bot die Be­klag­te ihr die Durchführung ei­nes be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ments an. Die Be­klag­te frag­te dies­bezüglich er­neut im De­zem­ber 2012 und Ja­nu­ar 2013 bei der Kläge­rin nach. In der Zeit vom 12. März 2013 bis zum 24. April 2013 führ­te die Kläge­rin ei­ne me­di­zi­ni­sche Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­maßnah­me der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung durch.

Im An­schluss an ih­re Aus­bil­dung er­hielt die Kläge­rin ei­nen bis zum 27. Ju­ni 2015 be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag in der Tätig­keits­ebe­ne VI in Voll­zeit. In § 2 des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges ist die An­wen­dung des Ta­rif­ver­tra­ges der Bun­des­agen­tur für Ar­beit (TV-BA) ver­ein­bart. Der Grund der Be­fris­tung nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG wur­de in ei­nem ge­son­der­ten Ver­merk vom 22. Ju­ni 2013 fest­ge­hal­ten.

Mit An­satz­schrei­ben vom 27. Ju­ni 2013 wur­de der Kläge­rin die Tätig­keit als As­sis­ten­tin Kin­der­geld in der Agen­tur für Ar­beit C.-Stadt (Fa­mi­li­en­kas­se W.) mit Dienst­ort C.-Stadt über­tra­gen. Das Brut­to­mo­nats­ge­halt der Kläge­rin be­trug 2.452,85 €. Seit dem 28. Ju­ni 2013 war die Kläge­rin ar­beits­unfähig er­krankt. Un­ter dem 28. Au­gust 2013 schlug so­dann der die Kläge­rin be­han­deln­de Arzt Dr. Z. ei­ne Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me vor. Ein un­ter dem 27. Sep­tem­ber 2013 er­stell­ter Wie­der­ein­glie­de­rungs­plan, dem bei­de Par­tei­en und die Kran­ken­kas­se zu­stimm­ten, sah ei­ne Tätig­keit der Kläge­rin als Fach­an­ge­stell­te im Zeit­raum 30. Sep­tem­ber 2013 bis 18. Ok­to­ber 2013 im Um­fang von 4 St­un­den täglich, in der Zeit vom 21. Ok­to­ber 2013 bis zum 8. No­vem­ber 2013 von 6 St­un­den täglich so­wie ab dem 11. No­vem­ber 2013 von 8 St­un­den täglich vor.

Letzt­lich be­gann die Wie­der­ein­glie­de­rung der Kläge­rin am 2. Ok­to­ber 2013. An die­sem Tag fand ein Per­so­nal­gespräch mit Herrn Y. (Be­reichs­lei­ter Fa­mi­li­en­kas­se) statt. We­gen des In­halts die­ses Gesprächs wird auf den Gesprächs­ver­merk vom 2. Ok­to­ber 2013 (Bl. 72 d. A.) Be­zug ge­nom­men. Am 4. Ok­to­ber 2013 kam es zu ei­nem Gespräch zwi­schen dem Lei­ter der Fa­mi­li­en­kas­se X. und der Kläge­rin be­tref­fend ih­ren tägli­chen Ar­beits­be­ginn. Am glei­chen Tag wur­de ein Ar­beits­be­ginn um 08.00 Uhr schrift­lich an­ge­ord­net.

Als die Kläge­rin am 9. Ok­to­ber 2013 um 09:30 Uhr zur Ar­beit er­schien, wur­de sie zu ei­nem Gespräch zu Herrn X. ge­ru­fen. Die­ses Gespräch wur­de un­ter­bro­chen und et­wa 45 Mi­nu­ten später fort­ge­setzt. Die Kläge­rin schnitt je­den­falls den zwei­ten Gesprächs­teil auf ih­rem Smart­pho­ne mit, oh­ne Herrn X. hierüber zu in­for­mie­ren.

Un­ter dem 9. No­vem­ber 2013 er­stellt Herr X. ei­ne Gesprächs­no­tiz (Bl. 41 d. A.) be­tref­fend die­ses Gespräch. Mit Schrei­ben vom 10. Ok­to­ber 2013 (Bl. 8 d. A.) teil­te die Be­klag­te der Kläge­rin mit, dass ih­re stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung zum 9. Ok­to­ber 2013 "in bei­der­sei­ti­gem Ein­ver­neh­men ab­ge­bro­chen" wor­den sei. Der Kläger­ver­tre­ter wies mit Schrei­ben vom 22. Ok­to­ber 2013 (Bl. 18 d. A.) dar­auf hin, dass die Wie­der­ein­glie­de­rung ein­sei­tig von der Be­klag­ten ab­ge­bro­chen wor­den sei. Dies er­ge­be "sich be­reits aus der Erklärung des Herrn X. vom 9. Ok­to­ber 2013, wel­che auch in der ers­ten Per­son for­mu­liert" wor­den sei.

An­ge­bo­te zur Durchführung ei­nes be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ments vom 15. Ok­to­ber 2013 und 26. No­vem­ber 2013 wur­den von der Kläge­rin nicht an­ge­nom­men. Ein­la­dun­gen zur be­triebsärzt­li­chen Un­ter­su­chung am 28. Ok­to­ber 2013 und für den 9. De­zem­ber 2013 folg­te die Kläge­rin nicht. Die Be­klag­te kündig­te der Kläge­rin so­dann mit Schrei­ben vom 24. Ja­nu­ar 2014 nach Be­tei­li­gung des Per­so­nal­rats zum 28. Fe­bru­ar 2014. Ei­ne hier­ge­gen ge­rich­te­te Kündi­gungs­schutz­kla­ge hat­te vor dem Ar­beits­ge­richt Mainz (Ak­ten­zei­chen 9 Ca 213/14) Er­folg.

Im Rah­men des Rechts­strei­tes mit dem Ak­ten­zei­chen 9 Ca 213/14 vor dem Ar­beits­ge­richt Mainz trug der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin un­ter dem 27. Mai 2014 schriftsätz­lich (Bl. 35 ff d. A.) vor, die Kläge­rin ha­be am 9. Ok­to­ber 2013 das Gespräch zwi­schen ih­rem Vor­ge­setz­ten, dem Lei­ter der Fa­mi­li­en­kas­se W. und ihr auf ih­rem Smart­pho­ne auf­ge­zeich­net. Mit Schrei­ben vom 11. Ju­ni 2014 (Bl. 34 f d. A.) wur­de die Kläge­rin dar­auf­hin von der Be­klag­ten zum Vor­wurf der heim­lich tech­ni­schen Auf­zeich­nung des Gesprächs an­gehört. Sie nahm hier­zu durch ih­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten mit Schrift­satz vom 23. Ju­li 2014 (Bl. 38 ff d. A.) Stel­lung.

Die Be­klag­te be­tei­lig­te an­sch­ließend den Per­so­nal­rat im Hin­blick auf ei­ne be­ab­sich­tig­te or­dent­li­che Kündi­gung. Der Per­so­nal­rat stimm­te der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung am 6. Au­gust 2014 zu.

Un­ter den 6. Au­gust 2014 (Bl. 15 f d. A.) kündig­te die Be­klag­te der Kläge­rin frist­ge­recht zum 30. Sep­tem­ber 2014 we­gen der heim­li­chen tech­ni­schen Auf­zeich­nung im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Per­so­nal­gespräch mit ih­rem Vor­ge­setz­ten und de­ren un­be­fug­ter Über­las­sung an Drit­te. Zur straf­recht­li­chen Prüfung des Sach­ver­hal­tes wur­de von dem Lei­ter der Fa­mi­li­en­kas­se W., V. X., Straf­an­zei­ge er­stat­tet. Das Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­gen die Kläge­rin wur­de bei der Staats­an­walt­schaft C.-Stadt un­ter dem Ak­ten­zei­chen 00000, das Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­gen den Kläger­ver­tre­ter beim Po­li­zei­präsi­di­um U. un­ter der V-Nr. 00000 geführt. Es er­gin­gen Straf­be­feh­le, ge­gen die von der Kläge­rin bzw. ih­rem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten Ein­spruch ein­ge­legt wur­de.

Mit ih­rer am 11. Au­gust 2014 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kündi­gungs­schutz­kla­ge wen­det sich die Kläge­rin ge­gen die ihr am 9. Au­gust 2014 zu­ge­gan­ge­ne Kündi­gung vom 6. Au­gust 2014.

In ei­nem wei­te­ren, der­zeit beim Ar­beits­ge­richt Mainz anhängi­gen Rechts­streit hat die Kläge­rin die Un­wirk­sam­keit der ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses an­ge­grif­fen.

Die Kläge­rin hat vor­ge­tra­gen,
die An­ord­nung ei­nes Ar­beits­be­ginns um 8.00 Uhr sei im Hin­blick auf die Gleit­zeit­re­ge­lung nach dem Ta­rif­ver­trag voll­kom­men rechts­wid­rig ge­we­sen. Die­se For­de­rung des Herrn X. ha­be für sie ei­ne kla­re Kampf­an­sa­ge dar­ge­stellt. Ob­wohl sie im­mer um 8.00 Uhr ha­be er­schei­nen müssen, ha­be sie kei­ner­lei ernst­zu­neh­men­de Tätig­kei­ten ge­habt. Sie sei nicht ein­ge­ar­bei­tet oder beschäftigt wor­den.

Herr X. ha­be beim Gespräch am 9. Ok­to­ber 2013 ver­sucht, sie er­folg­los zu ei­nem Ab­bruch der Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me zu über­re­den. Die Sa­che ha­be so dar­ge­stellt wer­den sol­len, als ob sie es ge­we­sen sei, die die Wie­der­ein­glie­de­rung ab­ge­bro­chen ha­be. Sie sei zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass sich die Be­klag­te im Fall ei­ner ar­beits­recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung nicht an ih­re pro­zes­sua­le Wahr­heits­pflicht hal­te, so dass sie kei­ne an­de­re Möglich­keit ge­se­hen ha­be, als das Gespräch in ir­gend­ei­ner Wei­se zu fi­xie­ren. Sie sei da­von aus­ge­gan­gen, zur Gesprächs­wahr­neh­mung ver­pflich­tet ge­we­sen zu sein. Sie ha­be auch nie­mand mit­neh­men können, da sie sich im Stand­ort in C.-Stadt "im Fein­des­land" be­fun­den ha­be und auch zu dem Per­so­nal­rat ha­be kein Ver­trau­en auf­bau­en können. Am 9. Ok­to­ber 2013 ha­be sie auch noch kei­nen recht­li­chen Bei­stand ge­habt. Die­sen ha­be sie erst am 10. Ok­to­ber 2013 man­da­tiert. Sie ha­be sich, wie Dr. med. T. in sei­nem Schrei­ben an das Ar­beits­ge­richt vom 25. Mai 2014 aus­geführt ha­be, in ei­ner Si­tua­ti­on des "Al­lein­ge­las­sen­seins" be­fun­den, wes­halb es ihr nicht möglich ge­we­sen sei, ir­gend­ei­ne an­de­re Per­son dar­um zu bit­ten, mit zu den Gesprächen zu kom­men.

Das Ver­hal­ten von Herrn X. sei auf die Er­zeu­gung ei­ner an­dau­ern­den Zwangs­la­ge ge­rich­tet ge­we­sen, wel­che erst mit dem Er­rei­chen des Nöti­gungs­er­folgs oder der ge­richt­li­chen Aufklärung en­de. Durch sein so­wie das Ver­hal­ten der Be­klag­ten sei die Ge­fahr ei­ner fort­dau­ern­den Rechtsgüter­be­ein­träch­ti­gung ge­ge­ben ge­we­sen. Sie ha­be be­reits seit länge­rem er­ken­nen müssen, dass die Be­klag­te sie "ir­gend­wie" ha­be los­wer­den wol­len. Die Ton­auf­nah­me zur Be­weis­si­che­rung ge­gen den Täter, hier Herrn X., der von ihr ei­ne fal­sche Erklärung ver­langt ha­be, sei ein ge­eig­ne­tes Mit­tel, die­ser Dau­er­ge­fahr zu be­geg­nen. Ih­re, des Op­fers, In­ter­es­sen überwögen die In­ter­es­sen des Schädi­gers, des Herrn X., der die Vergäng­lich­keit sei­ner Wor­te da­zu be­nut­ze, um wei­te­re Rechts­gut­ver­let­zun­gen, zum Bei­spiel ei­ne fal­schen Aus­sa­ge über den Gesprächs­ver­lauf, zu be­ge­hen. Sie sei bei der Gesprächs­auf­zeich­nung nach Not­stands­grundsätzen gemäß § 34 StGB ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Sie ha­be sich in ei­ner psy­chisch sehr schwe­ren La­ge be­fun­den, wes­halb sie er­krankt sei und we­gen der sie auch die Wie­der­ein­glie­de­rung durch­geführt ha­be. Es wer­de da­her be­strit­ten, dass sie bei der Auf­nah­me voll umfäng­lich schuldfähig im Sin­ne der §§ 20, 21 StGB ge­we­sen sei. Sie sei da­von aus­ge­gan­gen, zur Auf­nah­me be­fugt ge­we­sen zu sein.

Die Be­klag­te ha­be im ers­ten Kündi­gungs­rechts­streit kei­ne Ge­le­gen­heit aus­ge­las­sen, un­wahr vor­zu­tra­gen. Auch ge­genüber dem Ar­beits­ge­richt Mainz sei vor­ge­tra­gen wor­den, dass sie, die Kläge­rin es nicht ge­schafft ha­be, die Ar­beit um 08:00 Uhr auf­zu­neh­men, wofür Herr X. von der Be­klag­ten als Zeu­ge be­nannt wor­den sei. Rich­tig sei al­lein, dass sie um 08:00 Uhr zur Ar­beit er­schie­nen sei, ihr aber kei­ne Ar­beit an­ge­bo­ten wor­den sei. Der Vor­trag der Be­klag­ten vor dem Ar­beits­ge­richt, sie ha­be die Wie­der­ein­glie­de­rung von sich aus be­en­det, erfülle die Vor­aus­set­zun­gen des § 263 StGB, der hier von der Be­klag­ten zu ih­ren Las­ten ver­sucht wor­den sei. Sie ist der An­sicht, die Be­klag­te hätte ih­ren un­wah­ren Vor­trag mit Si­cher­heit wei­ter auf­recht­er­hal­ten, wenn sie das Wort­pro­to­koll nicht hätte vor­le­gen können.

Sie ist der An­sicht, die Be­klag­te ha­be sie vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung zunächst ab­mah­nen müssen. Außer­dem sei ein Mit­ver­schul­den der Be­klag­ten an der den An­lass der Kündi­gung bil­den­den Ver­tragsstörung zu berück­sich­ti­gen.

Es wer­de da­von aus­ge­gan­gen, dass die Straf­an­zei­ge ge­genüber dem Kläger­pro­zess­be­vollmäch­tig­ten von dem ih­rem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten durch­aus un­sym­pa­thi­schen Pro­zess­ver­tre­ter der Be­klag­ten nu­an­ciert wor­den sei, der hier of­fen­sicht­lich mei­ne, mit ei­ner alt­be­wer­ten deut­schen Tra­di­ti­on, nämlich der De­nun­zia­ti­on der Er­mitt­lungs­behörden punk­ten oder ei­nen Keil zwi­schen sie und ih­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten trei­ben zu können. Der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Be­klag­te ken­ne den Kläger­ver­tre­ter al­ler­dings nicht. Das ein­zi­ge was er hier­mit er­reicht ha­be, ist, dass der Kläger­ver­tre­ter die­ses Ver­fah­ren jetzt zu sei­nem ei­ge­nen ma­che, was zu ei­ner verschärf­ten Gang­art führe. Wie der Schrift­satz vom 10. Ok­to­ber 2014 zei­ge, ha­be es der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Be­klag­ten mehr mit "Schlägen un­ter die Gürtel­li­nie" als mit der Erfüllung ei­nes ge­richt­li­chen Be­schlus­ses.

Wenn Herr X. von ihr ge­for­dert ha­be, dass sie je­weils um 8.00 Uhr auf der Ar­beit er­schei­ne, könne es - wenn not­wen­dig - nur zwei Gründe hierfür ge­ben: Ent­we­der ha­be Herr X. ein Pro­blem mit sich selbst und benöti­ge den Miss­brauch von Macht ge­genüber Un­ter­ge­be­nen für die Sta­bi­li­sie­rung sei­nes Egos. Oder Herr X. sei ge­fes­tigt und ver­su­che, al­ler­dings auch un­ter dem Miss­brauch sei­ner Macht, sie mit mie­sen Tricks los­zu­wer­den. Ei­ne drit­te Al­ter­na­ti­ve sei nicht möglich, außer dass Herr X. über­haupt nicht wis­se, was ei­ne stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung sei, was aber nicht an­ge­nom­men wer­den könne. Hier wer­de ver­mu­tet, dass die zwei­te Al­ter­na­ti­ve der Va­ter des Ge­dan­kens ge­we­sen sei, wie sich auch aus dem wei­te­ren Ver­hal­ten des Herrn X., der jetzt von der Be­klag­ten als Op­fer hoch­sti­li­siert wer­de, zei­ge.

Die Kläge­rin hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,
fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 6. Au­gust 2014, zu­ge­gan­gen am 9. Au­gust 2014, be­en­det wird.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,
die Kla­ge ab­zu­wei­sen,

hilfs­wei­se
das Ar­beits­verhält­nis nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG mit Ab­lauf des 30. Sep­tem­ber 2014 auf­zulösen und ei­ne Ab­fin­dung von Amts we­gen fest­zu­set­zen.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt,
den An­trag auf Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat vor­ge­tra­gen,
die Kläge­rin hätte das Per­so­nal­gespräch je­der­zeit un­ter­bre­chen können, um ei­ne Per­son ih­res Ver­trau­ens hin­zu­zu­zie­hen, zum Bei­spiel ein Mit­glied der Per­so­nal­ver­tre­tung oder auch ih­ren Rechts­bei­stand. Sie, die Be­klag­te, ha­be nicht un­wahr vor­ge­tra­gen, ins­be­son­de­re nicht, die Kläge­rin ha­be die Wie­der­ein­glie­de­rung von sich aus be­en­det.

Sie war der An­sicht, durch die heim­li­che Auf­nah­me des Gesprächs auf dem Smart­pho­ne und da­durch dass die Kläge­rin die­se Auf­nah­me En­de Mai 2014 ih­rem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten zugäng­lich ge­macht ha­be, der die­se un­er­laub­ten Auf­zeich­nun­gen mit Schrift­satz vom 27. Mai 2014 wei­ter­ver­brei­tet ha­be, sei der Tat­be­stand des § 201 Abs. 1 StGB ver­wirk­licht. Ein Recht­fer­ti­gungs­grund lie­ge nicht vor. Da­mit lägen er­heb­li­che ar­beits­ver­trag­li­che Verstöße vor. Der Kläge­rin ha­be be­wusst sein müssen, dass das heim­li­che Auf­zeich­nen und Ge­brau­chen der Auf­nah­me das Ver­trau­ens­verhält­nis zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en so erschüttern wer­de, dass es auch durch ei­ne Ab­mah­nung nicht wie­der­her­ge­stellt wer­den könne. Ei­ne ge­deih­li­che Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen den Par­tei­en sei nicht mehr zu er­war­ten.

Die ehr­ver­let­zen­den Äußerun­gen, ins­be­son­de­re im Schrift­satz des Kläger­ver­tre­ters vom 13. No­vem­ber 2014, sei­en durch kei­ner­lei Tat­sa­chen­vor­trag gestützt und un­wahr. Das Ver­trau­ens­verhält­nis sei da­mit endgültig zerstört.

Die Kläge­rin hat hin­sicht­lich des Auflösungs­an­trags er­wi­dert,

durch die voll­kom­men sinn­lo­sen Straf­an­zei­gen ha­be die Be­klag­te künst­lich ei­ne Schärfe in das Ver­fah­ren ge­bracht, we­gen der sie da­mit ha­be rech­nen müssen, dass et­was schärfer ge­ant­wor­tet wer­de.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge durch Ur­teil vom 4. März 2015 ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat das Ar­beits­ge­richt - zu­sam­men­ge­fasst - aus­geführt, die zulässi­ge Kla­ge sei un­be­gründet, da die Kündi­gung der Be­klag­ten so­zi­al ge­recht­fer­tigt sei. In der heim­li­chen Auf­zeich­nung des Per­so­nal­gesprächs mit ih­rem Vor­ge­setz­ten durch die Kläge­rin auf ih­rem Smart­pho­ne sei ein schwe­rer Ver­s­toß ge­gen die ver­trag­li­che Rück­sicht­nah­me­pflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB zu se­hen. Auf die straf­recht­li­che Würdi­gung kom­me es nicht ent­schei­dend an. Die Be­klag­te ha­be ih­re Mit­ar­bei­ter bei der Ausübung ih­rer Tätig­keit auch im Hin­blick auf die Ver­trau­lich­keit des Worts zu schützen. Ein Gespräch dürfe - auch im Be­trieb - nicht auf­ge­zeich­net wer­den. Die Kläge­rin ha­be vorsätz­lich - eben­falls im Hin­blick auf die Heim­lich­keit - ge­han­delt. Zwei­fel an der Schuld­haf­tig­keit/-fähig­keit ih­res Ver­hal­tens ha­be die Kläge­rin we­der nach­voll­zieh­bar noch aus­rei­chend sub­stan­ti­iert dar­ge­legt. Das Ver­hal­ten der Kläge­rin sei auch nicht ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Al­lein das an­ge­spann­te Verhält­nis der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en könne nicht aus­rei­chen, um ei­nen der­ar­ti­gen Ver­trau­ens­bruch durch die Kläge­rin zu recht­fer­ti­gen. Ein mil­de­res Mit­tel als ei­ne Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ha­be nach Über­zeu­gung der Kam­mer nicht be­stan­den. Das Ver­trau­ens­verhält­nis sei al­lein durch ein ein­ma­li­ges Auf­zeich­nen des Per­so­nal­gesprächs endgültig zerstört. Es sei der Be­klag­ten nicht zu­mut­bar, auf ei­nen wei­te­ren Wie­der­ho­lungs­fall zu war­ten. Für die Kläge­rin sei bei ih­rem Fehl­ver­hal­ten er­kenn­bar ge­we­sen, dass die Be­klag­te ein sol­ches Ver­hal­ten nicht hin­neh­men wer­de. Auch nach Abwägung der ge­gen­sei­ti­gen In­ter­es­sen der Par­tei­en und Würdi­gung der Be­son­der­hei­ten des Kündi­gungs­sach­ver­halts er­wei­se sich die streit­ge­genständ­li­che Kündi­gung als wirk­sam.

We­gen der Ein­zel­hei­ten der erst­in­stanz­li­chen Be­gründung wird ergänzend auf die Ent­schei­dungs­gründe des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Mainz (Bl. 172 ff d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Das ge­nann­te Ur­teil ist der Kläge­rin am 29. April 2015 zu­ge­stellt wor­den. Die Kläge­rin hat hier­ge­gen mit ei­nem 15. Mai 2015 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz vom 13. Mai 2015 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se in­ner­halb der durch Be­schluss vom 30. Ju­ni 2015 bis zum 20. Ju­li 2015 verlänger­ten Be­ru­fungs­be­gründungs­frist mit am 20. Ju­li 2015 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz vom glei­chen Tag be­gründet.

Zur Be­gründung der Be­ru­fung macht die Kläge­rin nach Maßga­be des ge­nann­ten Schrift­sat­zes so­wie der Schriftsätze vom 19. Au­gust 2015 und vom 7. Ok­to­ber 2015, auf die ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 208 ff., 259 f., 272 f. d. A.), zu­sam­men­ge­fasst gel­tend,

es hätten zwei Gespräche mit Herrn X. statt­ge­fun­den. Das ers­te Gespräch ha­be sie nicht mit dem Smart­pho­ne mit­ge­schnit­ten. Erst nach ei­ner Un­ter­bre­chung ha­be sie den zwei­ten Teil des Gesprächs, nach­dem ihr von Herrn X. ge­droht wor­den sei, mit­ge­schnit­ten. Bei die­sem ers­ten Gespräch ha­be der Vor­ge­setz­te so­gleich ar­ti­ku­liert, was er von ihr er­war­te. Als sie das Gesprächs­an­sin­nen ab­ge­lehnt ha­be, sei das Gespräch un­ter­bro­chen und auf ei­nen späte­ren Zeit­punkt am glei­chen Tag ver­scho­ben wor­den. Es sei doch voll­kom­men klar ge­we­sen, dass hier wei­ter­hin ver­sucht wer­den soll­te, ihr mit dem Mit­tel der Un­wahr­heit zu scha­den.

Das Ar­beits­ge­richt dre­he die Re­gel, nämlich dass der Ar­beit­ge­ber zu­erst ab­mah­nen müsse, be­vor er ver­hal­tens­be­dingt kündi­gen könne, in ihr Ge­gen­teil. Ihr ha­be nicht klar sein müssen, dass die Be­klag­te ihr Ar­beits­verhält­nis we­gen der Auf­nah­me so­fort kündi­gen wer­de, ins­be­son­de­re weil sie zu dem Zeit­punkt der Auf­nah­me in ei­ner Not­si­tua­ti­on ge­we­sen sei. Zu berück­sich­ti­gen sei auch, dass nicht die Be­klag­te als sol­che, son­dern höchs­tens Herr X. durch die Auf­zeich­nung be­trof­fen sein könn­te. Weil Herr X. ver­sucht ha­be, vor dem Ar­beits­ge­richt in Mainz wahr­heits­wid­rig zu be­haup­ten, dass die Kläge­rin selbst die Wie­der­ein­glie­de­rung ha­be be­en­den wol­len, hätte die Be­klag­te auch die­sem kündi­gen müssen. Erst als im Vor­pro­zess die Auf­nah­me ins Gespräch ge­kom­men sei, ha­be die Be­klag­te da­von ab­ge­las­sen, die­se Un­wahr­heit wei­ter­hin auf­recht­zu­er­hal­ten.

Sie, die Kläge­rin, ha­be kei­nen Hin­weis auf § 201 StGB er­hal­ten, so­wie erst- und ein­ma­lig ge­han­delt. Oh­ne das Ver­hal­ten des Herrn X. hätte sie zu kei­nem Zeit­punkt das Gespräch auf­ge­zeich­net. Von der Auf­zeich­nung hätte nie­mand et­was er­fah­ren, wenn die Be­klag­te in dem ers­ten ar­beits­recht­li­chen Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren im Bei­sein von Herrn X. nicht ver­sucht hätte, ih­re Er­folgs­aus­sich­ten mit un­wah­rem Vor­trag auf­zu­bes­sern.

Bei der Be­klag­ten han­de­le es sich um ei­ne Ar­beit­ge­be­rin, die über 90.000 Men­schen in Deutsch­land beschäfti­ge und bei der sich ein an­de­rer Platz fin­den las­sen soll­te, auf der sie beschäftigt wor­den könne.

Die Kläge­rin be­an­tragt,
1. das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz vom 4. März 2015, zu dem Ak­ten­zei­chen 1 Ca 1503/14 ab­zuändern und fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 6. Au­gust 2014, zu­ge­gan­gen am 9. Au­gust 2014, be­en­det wird,

2. hilfs­wei­se, den An­trag der Be­klag­ten auf Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil nach Maßga­be ih­res Be­ru­fungs­er­wi­de­rungs­schrift­sat­zes vom 25. Sep­tem­ber 2015, auf den ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 267 ff d. A.), als recht­lich zu­tref­fend. Die Be­hand­lung der Wie­der­ein­glie­de­rung durch sie sei nicht rechts­feh­ler­haft oder willkürlich er­folgt. Oh­ne recht­li­che Re­le­vanz sei, ob sie durch Herrn X. erklärt ha­ben sol­le, dass er er­rei­chen woll­te, dass die Kläge­rin die Wie­der­ein­glie­de­rung ab­bre­che oder der Ar­beit­ge­ber die­se ab­ge­bro­chen ha­be. Bei dem Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis han­de­le es sich um ein Ver­trags­verhält­nis sui ge­ne­ris mit der Fol­ge, dass sie auch Ar­beits­zei­ten ab­wei­chen von bis­her gel­ten­den Re­ge­lun­gen fest­le­gen könne, die ihr aus Gründen der Wie­der­ein­glie­de­rung sach­ge­recht er­schie­nen. Je­de der Par­tei­en könne die stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung je­der­zeit un­ter Vor­lie­gen der ent­spre­chen­den Vor­aus­set­zun­gen ein­sei­tig ab­bre­chen.

Auch im Übri­gen wird ergänzend auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie das Pro­to­koll der öffent­li­chen Sit­zung vom 3. Fe­bru­ar 2016 (Bl. 279 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Ak­te Ar­beits­ge­richt Mainz, Az. 9 Ca 213/14 bei­ge­zo­gen.

Ent­schei­dungs­gründe
A. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Kläge­rin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Ver­bin­dung mit §§ 519, 520 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Sie er­weist sich auch sonst als zulässig.

B. In der Sa­che hat­te die Be­ru­fung der Kläge­rin kei­nen Er­folg.

Die zulässi­ge Kla­ge ist un­be­gründet. Das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en ist durch die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 6. Au­gust 2014 we­gen heim­li­cher Auf­nah­me des Gesprächs mit dem Lei­ter der Fa­mi­li­en­kas­se V. X. durch die Kläge­rin auf ih­rem Smart­pho­ne und die späte­re Ver­wen­dung die­ser Auf­nah­me be­en­det wor­den.

I. Das Kündi­gungs­schutz­ge­setz fin­det gemäß § 1 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 KSchG An­wen­dung.

II. Nach 2 des Ar­beits­ver­tra­ges in Ver­bin­dung mit § 33 Abs. 4 TV-BA kann auch ein be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag - wie der zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­ne - or­dent­lich gekündigt wer­den. Die Kündi­gungs­frist von sechs Wo­chen zum En­de ei­nes Ka­len­der­mo­nats ist vor­lie­gend ein­ge­hal­ten.

III. Die Kläge­rin hat die von der Be­klag­ten am 6. Au­gust 2014 aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung in­ner­halb der 3-Wo­chen-Frist der §§ 4, 7 KSchG an­ge­grif­fen. Sie ist je­doch so­zi­al ge­recht­fer­tigt (§ 1 Abs. 1, 2 KSchG). Ein ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gungs­grund ist ge­ge­ben.

1. Ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Ar­beit­ge­berkündi­gung ist un­ter an­de­rem dann nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt, wenn sie durch Gründe, die im Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers lie­gen, be­dingt ist. Sie ist durch sol­che Gründe „be­dingt“, wenn der Ar­beit­neh­mer sei­ne ver­trag­li­chen Haupt- oder Ne­ben­pflich­ten er­heb­lich und in der Re­gel schuld­haft ver­letzt hat und ei­ne dau­er­haft störungs­freie Ver­trags­erfüllung in Zu­kunft nicht mehr zu er­war­ten steht. Dann kann dem Ri­si­ko künf­ti­ger Störun­gen nur durch die (frist­gemäße) Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­geg­net wer­den. Das wie­der­um ist nicht der Fall, wenn schon mil­de­re Mit­tel und Re­ak­tio­nen – wie et­wa ei­ne Ab­mah­nung – von Sei­ten des Ar­beit­ge­bers ge­eig­net ge­we­sen wären, beim Ar­beit­neh­mer künf­ti­ge Ver­trags­treue zu be­wir­ken (vgl. nur BAG, Ur­teil vom 23. Ja­nu­ar 2013 - 2 Sa 252/12 - NZA 2014, 965, 966 Rn. 16 m. w. N.). Im Ver­gleich mit ei­ner frist­gemäßen Kündi­gung kom­men als mil­de­re Mit­tel ins­be­son­de­re ei­ne Ver­set­zung und ei­ne Ab­mah­nung in Be­tracht.

Be­ruht die Ver­trags­pflicht­ver­let­zung auf steu­er­ba­rem Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers, ist grundsätz­lich da­von aus­zu­ge­hen, dass sein künf­ti­ges Ver­hal­ten schon durch die An­dro­hung von Fol­gen für den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses po­si­tiv be­ein­flusst wer­den kann. Ei­ner Ab­mah­nung be­darf es nach Maßga­be des auch in § 314 Abs. 2 in Ver­bin­dung mit § 323 Abs. 2 BGB zum Aus­druck kom­men­den Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes nur dann nicht, wenn be­reits ex an­te er­kenn­bar ist, dass ei­ne Ver­hal­tensände­rung in Zu­kunft auch nach Ab­mah­nung nicht zu er­war­ten steht, oder es sich um ei­ne so schwe­re Pflicht­ver­let­zung han­delt, dass selbst de­ren erst­ma­li­ge Hin­nah­me dem Ar­beit­ge­ber nach ob­jek­ti­ven Maßstäben un­zu­mut­bar und da­mit of­fen­sicht­lich – auch für den Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar – aus­ge­schlos­sen ist (BAG, Ur­teil vom 11. Ju­li 2013 - 2 AZR 994/12 - NZA 2014, 250, 252; vom 23. Ja­nu­ar 2013 - 2 Sa 252/12 - NZA 2014, 965, 966 Rn. 16, je­weils m. w. N.).

2. Da­nach ist die or­dent­li­che Kündi­gung vom 6. Au­gust 2014 durch Gründe im Ver­hal­ten der Kläge­rin be­dingt. Ein kündi­gungs­re­le­van­tes Ver­hal­ten liegt nicht nur dann vor, wenn der Ar­beit­neh­mer ei­ne Haupt­pflicht aus dem Ar­beits­verhält­nis ver­letzt hat. Auch die er­heb­li­che Ver­let­zung ei­ner ver­trag­li­chen Ne­ben­pflicht kann ei­ne Kündi­gung so­zi­al recht­fer­ti­gen (BAG, Ur­teil vom 20. Ju­ni 2013 - 2 AZR 583/12 - NZA 2013, 1345, 1347 Rn. 24 m. w. N.). Nach der all­ge­mei­nen Re­gel des § 241 Abs. 2 BGB ist je­de Par­tei ei­nes Ar­beits­ver­trags zur Rück­sicht­nah­me auf die Rech­te, Rechtsgüter und In­ter­es­sen ih­res Ver­trags­part­ners ver­pflich­tet. Der Ar­beit­neh­mer hat sei­ne Ver­pflich­tun­gen aus dem Ar­beits­verhält­nis so zu erfüllen und die im Zu­sam­men­hang mit dem Ar­beits­verhält­nis ste­hen­den In­ter­es­sen des Ar­beits­ge­bers so zu wah­ren, wie dies von ihm un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner Stel­lung und Tätig­keit im Be­trieb nach Treu und Glau­ben bil­li­ger­wei­se ver­langt wer­den kann (BAG, Ur­teil vom 20. Ju­ni 2013 - 2 AZR 583/12 - NZA 2013, 1345, 1347 Rn. 26 m. w. N.).

Die ar­beits­ver­trag­li­che Rück­sicht­nah­me­pflicht des Ar­beit­neh­mers be­steht auch dann, wenn der Ar­beit­neh­mer ar­beits­unfähig er­krankt ist und ei­ne stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung durch­geführt wird. Ein Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis ist kein Ar­beits­verhält­nis, son­dern ein Rechts­verhält­nis ei­ge­ner Art, weil es nicht auf ei­ne Ar­beits­leis­tung im übli­chen Sinn ge­rich­tet ist, son­dern als Maßnah­me der Re­ha­bi­li­ta­ti­on dem Ar­beit­neh­mer ermögli­chen soll, die Ar­beitsfähig­keit wie­der her­zu­stel­len. Zur Be­gründung des Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis­ses be­darf es ei­ner Ver­ein­ba­rung zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer. Es gilt für bei­de Sei­ten das Prin­zip der Frei­wil­lig­keit (BAG, Ur­teil vom 24. Sep­tem­ber 2014 - 5 AZR 611/12 - AP BGB § 615 Nr. 135 Rn. 32). Trotz die­ser Ziel­set­zung des Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis­ses be­ste­hen in die­sem Ne­ben­pflich­ten, die sich als fort­wir­ken­de Aus­strah­lung des in sei­nen Haupt­pflich­ten wei­ter ru­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses er­ge­ben, so­weit sie mit dem Zweck der Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me ver­ein­bar sind, wie das Wei­sungs­recht, die Fürsor­ge­pflicht des Ar­beit­ge­bers, Treue­pflich­ten (BAG, Ur­teil vom 29. Ja­nu­ar 1992 - 5 AZR 37/91 - NZA 1992, 643, 644) und auch die ar­beits­ver­trag­li­che Rück­sicht­nah­me­pflicht. Da­bei ist das Fort­dau­ern der Ne­ben­pflich­ten für die Durchführung des Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis­ses von großer Be­deu­tung, da im Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis der Ar­beit­neh­mer - wenn auch außer­halb des Ar­beits­verhält­nis­ses - im Be­trieb tätig ist. So­wohl um et­wai­ge Ge­fah­ren von al­len Be­tei­lig­ten ab­zu­wen­den bzw. ver­hin­dern zu können, als auch um den Ver­trags­zweck des Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis­ses zu er­rei­chen, ist es er­for­der­lich, dass der Ar­beit­ge­ber sei­nen Ne­ben­pflich­ten nach­kommt, ent­spre­chen­des vom Ar­beit­neh­mer er­war­ten darf und auch Wei­sun­gen er­tei­len kann (Schmidt NZA 2007, 893, 895).

Die Kläge­rin hat ih­re ar­beits­ver­trag­li­che Rück­sicht­nah­me­pflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) durch die heim­li­che Auf­nah­me ei­nes zwi­schen ihr und ih­rem Vor­ge­setz­ten, dem Lei­ter der Fa­mi­li­en­kas­se X., geführ­ten Per­so­nal­gesprächs er­heb­lich ver­letzt. Sie hat darüber hin­aus den heim­lich er­stell­ten Gesprächs­mit­schnitt ge­genüber ih­rem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten und ein mit­hil­fe der Auf­nah­me er­stell­tes Wort­pro­to­koll im Rah­men des Rechts­streits vor dem Ar­beits­ge­richt Mainz mit dem Az. 9 Ca 213/14 ver­wen­det.

Der heim­li­che Mit­schnitt ei­nes Per­so­nal­gesprächs ist grundsätz­lich ge­eig­net, ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te als auch ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung „an sich“ zu recht­fer­ti­gen. Da­bei kommt es nicht ent­schei­dend auf die straf­recht­li­che Würdi­gung (vgl. § 201 StGB) an. Maßgeb­lich ist die mit die­sem Ver­hal­ten ver­bun­de­ne Ver­let­zung der dem Ar­beit­neh­mer nach § 241 Abs. 2 BGB ob­lie­gen­den Pflicht zur Rück­sicht­nah­me auf die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers (vgl. BAG, Ur­teil vom 19. Ju­li 2012 – 2 AZR 989/11 – NZA 2013, 143 zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung).

Die ar­beits­ver­trag­li­che Rück­sicht­nah­me­pflicht wird ver­letzt, wenn der Ar­beit­neh­mer durch sein Vor­ge­hen in den Schutz­be­reich der Grund­rech­te sei­nes Vor­ge­setz­ten oder an­de­rer Mit­ar­bei­ter ein­greift, oh­ne dass dies durch über­wie­gen­de In­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers ge­recht­fer­tigt ist.

Das heim­li­che Mit­schnei­den des Gesprächs durch die Kläge­rin ist rechts­wid­rig, weil aus dem all­ge­mei­nen Persönlich­keits­recht auch das durch Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewähr­leis­te­te Recht auf die Wah­rung der Un­be­fan­gen­heit des ge­spro­che­nen Wor­tes folgt. Das Grund­recht aus Art. 2 Abs. 1 GG schützt auch Rechts­po­si­tio­nen, die für die Ent­fal­tung der Persönlich­keit not­wen­dig sind. Da­zu gehört in be­stimm­ten Gren­zen, eben­so wie das Recht am ei­ge­nen Bild, das Recht am ge­spro­che­nen Wort. Des­halb darf grundsätz­lich je­der­mann selbst und al­lein be­stim­men, wer sein Wort auf­neh­men soll so­wie ob und vor wem sei­ne auf ei­nen Tonträger auf­ge­nom­me­ne Stim­me wie­der ab­ge­spielt wer­den darf (BVerfG, Be­schluss vom 31. Ja­nu­ar 1973 – 2 BvR 454/71 – NJW 1973, 891). Das Grund­recht um­fasst die Be­fug­nis des Men­schen, selbst zu be­stim­men, ob sei­ne Wor­te ein­zig sei­nem Gesprächs­part­ner, ei­nem be­stimm­ten Kreis oder der Öffent­lich­keit zugäng­lich sein sol­len (BVerfG [3. Kam­mer des 1. Se­nats], Be­schluss vom 19. De­zem­ber 1991 – 1 BvR 382/85 – NJW 1992, 815).

a) Am 9. Ok­to­ber 2013 wur­de die Kläge­rin, als sie um 9.30 Uhr zur Ar­beit er­schien, zu Herrn X. ge­ru­fen. Es fand ein Gespräch zwi­schen der Kläge­rin und ih­rem Vor­ge­setz­ten be­tref­fend die Wie­der­ein­glie­de­rung statt. Die­ses wur­de von Herrn X. un­ter­bro­chen, um Rück­spra­che zu hal­ten. Da­bei hat die Kläge­rin ih­re ver­trag­li­che Rück­sicht­nah­me­pflicht so­wohl dann schwer ver­letzt, wenn sie bei­de Gesprächs­tei­le auf­ge­nom­men hat, als auch in dem Fall, dass sie le­dig­lich den zwei­ten Gesprächs­teil nach der Un­ter­bre­chung auf­ge­nom­men hat.

Im Schrift­satz ih­res Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 27. Mai 2014 im Rechts­streit 9 Ca 213/14 hat die Kläge­rin aus­geführt, sie ha­be "das Gespräch" mit ih­rem Smart-Pho­ne auf­ge­zeich­net. Sie hat wei­ter den Gesprächs­ab­lauf nach Rol­len dar­ge­stellt, be­gin­nend mit der Äußerung des Herrn X.: "Sie sind zu spät! Sie krie­gen das nicht in den Griff. Dann sind Sie krank." Die Kläge­rin schil­der­te so­dann den wei­te­ren Wort­wech­sel in wört­li­cher Re­de, um so­dann aus­zuführen, dass sie ca. 45 Mi­nu­ten später er­neut zum Gespräch ge­ru­fen wur­de. Die­ses Gespräch wird so­dann im Wort­laut ge­schil­dert. Aus­ge­hend von die­sem Vor­trag der Kläge­rin hat sie be­reits den ers­ten Gesprächs­teil am 9. Ok­to­ber 2013 mit Herrn X. auf ih­rem Smart­pho­ne auf­ge­zeich­net. Sie hat da­mit die Auf­zeich­nung be­reits zu ei­nem Zeit­punkt be­gon­nen, als es noch zu kei­nem Gespräch zwi­schen ihr und ih­rem Vor­ge­setz­ten hin­sicht­lich des Ab­bruchs der Wie­der­ein­glie­de­rung ge­kom­men war. In ei­ne Zwangs­la­ge konn­te Herr X. sie zu die­sem Zeit­punkt noch nicht ge­bracht ha­ben. Herr X. war im Aus­bil­dungs­verhält­nis, in dem es be­reits zu Span­nun­gen zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ge­kom­men war, noch nicht Vor­ge­setz­ter der Kläge­rin. Die Kläge­rin hat auch nicht vor­ge­tra­gen, dass Herr X. für die Über­tra­gung der Tätig­keit als As­sis­ten­tin Kin­der­geld in der Agen­tur für Ar­beit C.-Stadt ver­ant­wort­lich ge­we­sen wäre. Die An­ord­nung ei­nes Ar­beits­be­ginns um 8.00 Uhr im Rah­men des Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis­ses war - ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin - nicht rechts­wid­rig. Da das Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis ein Rechts­verhält­nis ei­ge­ner Art ist, gilt ei­ne im Ar­beits­verhält­nis gel­ten­de Gleit­zeit­re­ge­lung nicht oh­ne wei­te­res auch für ein sol­ches Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis. Ge­genüber der Kläge­rin konn­te ein fes­ter Tätig­keits­be­ginn um 8.00 Uhr vor­ge­ge­ben wer­den. Als die Kläge­rin am 9. Ok­to­ber 2013 bei ih­rem ver­späte­ten Er­schei­nen zur Wie­der­ein­glie­de­rung zum Gespräch mit Herrn X. ge­ru­fen wur­de, hat­te sie da­her kei­nen von der Herrn X. herrühren­den An­lass, das Gespräch heim­lich auf ih­rem Smart­pho­ne mit­zu­schnei­den. Aber auch dann, wenn die Be­klag­te den Ar­beits­be­ginn im Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis nicht auf 8.00 Uhr hätte fest­le­gen dürfen, hätte die Kläge­rin ihr Gespräch mit Herrn X. nicht vor­sorg­lich auf dem Smart­pho­ne fest­hal­ten dürfen.

b) Aber auch für ei­nen Mit­schnitt le­dig­lich des zwei­ten Gesprächs­teils - wie zu­letzt von der Kläge­rin vor­ge­tra­gen - hat­te die Kläge­rin kei­ne Ver­an­las­sung. Aus dem von ihr im Ver­fah­ren vor dem Ar­beits­ge­richt Mainz mit dem Az. 9 Ca 213/14 - nach Rol­len dar­ge­stell­ten - Gesprächs­ab­lauf lässt sich nicht ent­neh­men, dass Herr X. sie vor der Un­ter­bre­chung des Gesprächs zu ei­nem ein­ver­nehm­li­chen Ab­bruch der Wie­der­ein­glie­de­rung ge­drängt hat. Herr X. hat nach Dar­stel­lung der Kläge­rin viel­mehr dar­ge­stellt, dass dann, wenn die Kläge­rin nicht "um 8.00 auf der Mat­te" ste­he, "wir auch in Ih­rem Sin­ne die Reißlei­ne zie­hen" müssen "und die Wie­der­ein­glie­de­rung (...) als ge­schei­tert" gel­te. Er hat wei­ter dar­auf ver­wie­sen, dass er "das jetzt noch­mal mit dem Kol­le­gen S. (Team­lei­ter Per­so­nal­team R.-Stadt)" ab­stim­me. Auf die Nach­fra­ge der Kläge­rin, ob er jetzt so­fort die Wie­der­ein­glie­de­rung ab­bre­chen wol­le, soll er ge­ant­wor­tet ha­ben: "Nein das ma­che ich jetzt nicht. Ich stim­me mich jetzt erst mal mit dem Kol­le­gen ab. Aber wenn Sie sa­gen, dass Sie aus die­ser Ge­schich­te nicht kom­men, dann ist die­se Wie­der­ein­glie­de­rung für Sie mo­men­tan zum jet­zi­gen Zeit­punkt noch nicht das Rich­ti­ge für Sie!" Auf den Ein­wand der Kläge­rin, sie ha­be sich zu­ge­traut, dass sie das schaf­fe, soll Herr X. ge­ant­wor­tet ha­ben: "Ich stim­me mich jetzt erst mal mit dem Herrn S. ab und ge­be Ih­nen dann ein Rück­mel­dung. Aber noch­mal, wenn wir bei­de zu dem Er­geb­nis kom­men, dass es Ih­nen nicht ge­lin­gen wird, wäre es die Kon­se­quenz ge­genüber der Kran­ken­kas­se zu do­ku­men­tie­ren, dass die Wie­der­ein­glie­de­rung ge­schei­tert ist. (…)." Aus die­sem Vor­trag der Kläge­rin lässt sich nicht ent­neh­men, dass Herr X. die Kläge­rin im ers­ten Gesprächs­teil in ei­ne Zwangs­la­ge ge­bracht und zur Ab­ga­be ei­ner Erklärung ge­drängt hätte.

Die Be­klag­te benötig­te auch nicht das Ein­verständ­nis der Kläge­rin zum Ab­bruch der Wie­der­ein­glie­de­rung. Da der Ar­beit­ge­ber we­gen des Frei­wil­lig­keits­vor­be­halts hin­sicht­lich des Ab­schlus­ses ei­nes Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis­ses nicht ver­pflich­tet ist, ei­nen Wie­der­ein­glie­de­rungs­ver­trag ab­zu­sch­ließen, muss auch die Möglich­keit be­ste­hen, das Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis un­abhängig vom Ein­tre­ten ei­ner Be­din­gung so­wie oh­ne An­ga­be von Gründen zu be­en­den (Schmidt NZA 2007, 893, 895 m. w. N.; Be­ckOK SozR/Wendt­land SGB V § 74 Rn. 5).

Darüber hin­aus hat­te die Kläge­rin während der Un­ter­bre­chung zwi­schen den bei­den Gesprächs­tei­len cir­ca 45 Mi­nu­ten Zeit, ih­re Si­tua­ti­on zu über­den­ken, an­de­re Mit­ar­bei­ter oder ei­nen Ver­tre­ter des Per­so­nal­rats zu be­fra­gen und zum zwei­ten Gesprächs­teil hin­zu­zie­hen oder te­le­fo­nisch ei­nen Rechts­an­walt zu kon­tak­tie­ren. Wei­ter hätte sie sich schrift­li­che No­ti­zen über den Gesprächs­in­halt ma­chen, Herrn X. um sein Ein­verständ­nis mit der Auf­zeich­nung des Gesprächs auf Smart­pho­ne bit­ten oder ei­ne Gesprächs­teil­nah­me ab­leh­nen können.

c) Sch­ließlich hat die Kläge­rin mit Hil­fe der un­be­fugt her­ge­stell­ten Auf­nah­me ein Wort­pro­to­koll der bei­den Tei­le des Gesprächs am 9. Ok­to­ber 2013 oder zu­min­dest des zwei­ten Teils die­ses Gesprächs an­ge­fer­tigt. Die­ses Wort­pro­to­koll wur­de so­dann mit Schrift­satz vom 27. Mai 2014 in den Kündi­gungs­rechts­streit vor dem Ar­beits­ge­richt Mainz, Az. 9 Ca 213/14 ein­geführt. Da­durch hat die Kläge­rin er­neut ih­re Rück­sicht­nah­me­pflicht schwer ver­letzt. Ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin war die­se nach Auf­fas­sung der Kam­mer nicht zur Wie­der­ga­be des Gesprächs­mit­schnitts durch das Ver­hal­ten der Be­klag­ten ge­zwun­gen. Zum ei­nen war dem Kläger­ver­tre­ter be­reits bei Ein­rei­chung des Schrift­sat­zes vom 27. Mai 2014 klar, dass das un­ter Ver­wen­dung der heim­lich her­ge­stell­ten Auf­nah­me her­ge­stell­te Wort­pro­to­koll im Kündi­gungs­rechts­streit nicht als Be­weis­mit­tel ver­wen­det wer­den konn­te. Dies er­gibt sich dar­aus, dass er auf Sei­te 3, letz­ter Ab­satz die­ses Schrift­sat­zes aus­geführt hat: "Wenn auch ge­richt­lich si­cher nicht ver­wert­bar, hat die Kläge­rin das Gespräch mit ih­rem Smart-Pho­ne auf­ge­zeich­net." Für die Ent­schei­dung des Rechts­streits be­tref­fend die krank­heits­be­ding­te Kündi­gung kam es auch nicht ent­schei­dend auf die von der Kläge­rin pro­ble­ma­ti­sier­te Fra­ge, ob die Wie­der­ein­glie­de­rung ein­ver­nehm­lich oder von Sei­ten der Be­klag­ten ab­ge­bro­chen wur­de, an. Sch­ließlich er­gibt sich be­reits aus dem von Herrn X. un­ter dem 9. Ok­to­ber 2013 er­stell­ten, der Kläge­rin zur Verfügung ge­stell­ten Gesprächs­no­tiz, dass er selbst den Ver­such der stu­fen­wei­sen Wie­der­ein­glie­de­rung als ge­schei­tert an­ge­se­hen hat. Der Gesprächs­ver­merk ist aus Sicht des Herrn X. for­mu­liert ("Aus mei­nem heu­te persönlich mit A. geführ­ten Gespräch ist fol­gen­des zu fest­zu­stel­len:"). Er führt ab­sch­ließend aus: "Ich kom­me zu dem Er­geb­nis, dass es nicht möglich sein wird dem Er­for­der­nis der stu­fen­wei­sen Wie­der­ein­glie­de­rung, aus ge­sund­heit­li­chen Gründen, zu ent­spre­chen. Ich se­he den Ver­such als ge­schei­tert. vor­ge­le­sen, be­spro­chen und ver­stan­den." Dar­auf, dass sich "be­reits aus der Erklärung des Herrn X. vom 09.10.2013, wel­che auch in der ers­ten Per­son for­mu­liert wur­de", er­gibt, dass die Wie­der­ein­glie­de­rung nicht in bei­der­sei­ti­gem Ein­ver­neh­men be­en­det, son­dern ein­sei­tig von der Be­klag­ten ab­ge­bro­chen wur­de, hat auch der Kläger­ver­tre­ter be­reits mit an die Be­klag­te ge­rich­te­tem Schrei­ben vom 22. Ok­to­ber 2013 hin­ge­wie­sen.

3. Die Pflicht­ver­let­zun­gen sind der Kläge­rin auch vor­werf­bar.

Grundsätz­lich ist ei­ne Pflicht­ver­let­zung dem Ar­beit­neh­mer nur dann vor­werf­bar, wenn die­ser sei­ne ihr zu­grun­de lie­gen­de Hand­lungs­wei­se steu­ern konn­te. Ein Ver­hal­ten ist steu­er­bar, wenn es vom Wil­len des Ar­beit­neh­mers be­ein­flusst wer­den kann. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Ar­beit­neh­mer die Pflich­terfüllung aus von ihm nicht zu ver­tre­ten­den Gründen sub­jek­tiv nicht möglich ist. Liegt da­ge­gen nur ein ob­jek­tiv pflicht­wid­ri­ges Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers vor, so kann dies aus­nahms­wei­se dann ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung so­zi­al recht­fer­ti­gen, wenn die Fol­gen für den Ar­beit­ge­ber er­heb­lich wa­ren. Ein nicht schuld­haf­tes Fehl­ver­hal­ten kann auch dann genügen, wenn auf Grund ob­jek­ti­ver Umstände mit wie­der­hol­ten Pflicht­wid­rig­kei­ten des Ar­beit­neh­mers zu rech­nen ist.

Die Kläge­rin hat ihr Ver­hal­ten so­wohl beim Mit­schnitt des Gesprächs als auch bei sei­ner späte­ren Ver­wen­dung be­wusst ge­steu­ert. Sie hat nach ih­rem Vor­trag das ver­trau­li­che Per­so­nal­gespräch ge­zielt mit­ge­schnit­ten, um in ei­ner aus ih­rer Sicht mögli­chen späte­ren pro­zes­sua­len Aus­ein­an­der­set­zung ein Be­weis­mit­tel über den In­halt des Gesprächs in der Hand zu ha­ben. Das mit Hil­fe des Mit­schnitts er­stell­te Wort­pro­to­koll wur­de durch ih­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten schriftsätz­lich wie­der­ge­ge­ben.

Recht­fer­ti­gungs- oder Ent­schul­di­gungs­gründe hat die Kläge­rin nicht sub­stan­ti­iert auf­ge­zeigt. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last des Ar­beit­ge­bers im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ist ab­ge­stuft, so­weit es um Gründe geht, die das Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers ent­las­ten oder ent­schul­di­gen könn­ten. Der Ar­beit­ge­ber darf sich zunächst dar­auf be­schränken, den ob­jek­ti­ven Tat­be­stand ei­ner Pflicht­ver­let­zung vor­zu­tra­gen. Er muss nicht je­den er­denk­li­chen Recht­fer­ti­gungs- oder Ent­schul­di­gungs­grund aus­sch­ließen. Viel­mehr ist es Sa­che des Ar­beit­neh­mers, für das Ein­grei­fen sol­cher Umstände zu­min­dest greif­ba­re An­halts­punk­te auf­zu­zei­gen. Der Ar­beit­ge­ber muss erst bei sub­stan­ti­ier­ter Ein­las­sung des Ar­beit­neh­mers be­wei­sen, dass des­sen Be­haup­tun­gen nicht zu­tref­fen (BAG, Ur­teil vom 16. Ju­li 2015 - 2 AZR 85/15 - NZA 2016, 161, 165 Rn. 40).

Wie un­ter 2. dar­ge­legt, war die Kläge­rin nicht ge­zwun­gen, zur Wahr­neh­mung ih­rer Rech­te ei­nen heim­li­chen Gesprächs­mit­schnitt an­zu­fer­ti­gen, auf des­sen Grund­la­ge ein Wort­pro­to­koll zu er­stel­len und die­ses in den Kündi­gungs­schutz­pro­zess vor dem Ar­beits­ge­richt Mainz, Az. 9 Ca 213/14 ein­zuführen. Ein Ver­schul­den ih­res Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten ist ihr über § 85 Abs. 2 ZPO zu­zu­rech­nen.

Zwei­fel an der Schuldfähig­keit der Kläge­rin (§§ 20, 21 StGB) be­ste­hen nicht. Zwar hat die Kläge­rin erst­in­stanz­lich be­strit­ten, dass sie bei der Auf­nah­me voll­umfäng­lich schuldfähig im Sinn der §§ 20, 21 StGB ge­we­sen sei. Vor­trag hier­zu hat sie je­doch nicht ge­hal­ten. Zwei­fel an der Schuldfähig­keit der Kläge­rin er­ge­ben sich auch nicht aus dem an das Amts­ge­richt Mainz ge­rich­te­ten Schrei­ben des Dr. med. N. T., A-Stadt vom 25. Mai 2014 (Bl. 96 ff. d. A.). Dr. T. stellt in die­sem Schrei­ben ab­sch­ließend die Dia­gno­se "Ge­ne­ra­li­sier­te Angststörung nach mul­ti­plen Kränkun­gen durch Ar­beit­ge­ber und Kol­le­gen". Er führt ergänzend aus, die Kläge­rin ha­be "mit schwer­wie­gen­den Ängs­ten und Schlafstörun­gen zu kämp­fen und" sei "seit dem 27.06.2013 ar­beits­unfähig er­krankt. Die ak­tu­el­le Er­kran­kung" sei "im Zu­sam­men­hang mit den be­ruf­li­chen Kränkun­gen ent­stan­den. Zur Be­hand­lung" wer­de "sie erst­mals auch me­di­ka­mentös be­han­delt".

4. Das Fehl­ver­hal­ten der Kläge­rin hat sich be­trieb­lich aus­ge­wirkt. Das Ver­trau­ens­verhält­nis zwi­schen ihr und ih­rem Vor­ge­setz­ten X. so­wie zwi­schen ihr und der Be­klag­ten ist durch den heim­li­chen Mit­schnitt des ver­trau­li­chen Per­so­nal­gesprächs und sei­ne späte­re Ver­wen­dung zerstört.

5. Ei­ne auf die­se Pflicht­ver­let­zun­gen gestütz­te or­dent­li­che Kündi­gung ist nicht un­verhält­nismäßig. Zwar hat die Be­klag­te die Kläge­rin vor Aus­spruch der ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung nicht ein­schlägig ab­ge­mahnt. Ei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung be­durf­te es im vor­lie­gen­den Fall nach Auf­fas­sung der Kam­mer nicht. An­ge­sichts der Schwe­re der Pflicht­ver­let­zun­gen war ei­ne Hin­nah­me des Ver­hal­tens der Kläge­rin durch die Be­klag­te aus­ge­schlos­sen. Die mit ei­ner Ab­mah­nung oder Ver­set­zung als mil­de­re Mit­tel ver­bun­de­ne Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses über den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist hin­aus ist der Be­klag­ten ob­jek­tiv un­zu­mut­bar.

Bei dem heim­li­chen Mit­schnitt ei­nes ver­trau­li­chen Per­so­nal­gesprächs auf ei­nem Smart­pho­ne und der an­sch­ließen­den Ver­wen­dung die­ser Auf­nah­me han­delt es um ei­ne so schwer­wie­gen­de Ver­let­zung der ar­beits­ver­trag­li­chen Rück­sicht­nah­me­pflicht, dass die Kläge­rin da­von aus­ge­hen muss­te, dass die­ser Ver­s­toß auch oh­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung zur ei­ner (or­dent­li­chen) Kündi­gung durch die Be­klag­te führen würde.

Die Kläge­rin muss­te auch nicht von der Be­klag­ten auf das Ver­bot heim­li­cher Gesprächs­auf­nah­men hin­wei­sen. Der Ar­beit­ge­ber kann da­von aus­ge­hen, dass al­len Mit­ar­bei­tern ein sol­ches Ver­bot auch oh­ne aus­drück­li­chen Hin­weis be­kannt ist. Dies er­gibt sich ins­be­son­de­re dar­aus, dass nach § 201 Abs. 1 StGB "mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe" be­straft wird, "wer un­be­fugt 1. das nichtöffent­lich ge­spro­che­ne Wort ei­nes an­de­ren auf ei­nen Tonträger auf­nimmt oder 2. ei­ne so her­ge­stell­te Auf­nah­me ge­braucht oder ei­nem Drit­ten zugäng­lich macht." Gemäß § 201 Abs. 2 Nr. 2 StGB wird eben­so be­straft, "wer un­be­fugt" "das nach Abs. 1 Nr. 1 auf­ge­nom­me­ne (…) nichtöffent­lich ge­spro­che­ne Wort ei­nes an­de­ren im Wort­laut oder sei­nem we­sent­li­chen In­halt nach öffent­lich mit­teilt." Die Kläge­rin hat auch nicht be­haup­tet, dass ihr das Ver­bot heim­li­cher Mit­schnit­te und ih­rer Ver­wen­dung nicht be­kannt ge­we­sen wäre. Sie hat sich le­dig­lich dar­auf be­ru­fen, sub­jek­tiv kei­ne an­de­re Wahl als den Gesprächs­mit­schnitt ge­habt zu ha­ben. Die­se Einschätzung hat sie auch nach an­walt­li­cher Be­ra­tung auf­recht­er­hal­ten und sich wei­ter­ge­hend auf das er­stell­te Wort­pro­to­koll gestützt.

6. Die Kündi­gung ist auch nicht des­halb un­verhält­nismäßig, weil die Kläge­rin auf ei­nem an­de­ren Ar­beits­platz zu Be­din­gun­gen hätte wei­ter­beschäftigt wer­den können, un­ter de­nen sich die ein­ge­tre­te­ne Ver­tragsstörung nicht mehr, zu­min­dest nicht mehr in er­heb­li­cher Wei­se aus­ge­wirkt hätte. Selbst wenn ein an­der­wei­ti­ger Ar­beits­platz frei ge­we­sen wäre, wäre der Be­klag­ten ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung nach An­sicht der Kam­mer nicht zu­mut­bar ge­we­sen. Durch die Pflicht­ver­let­zun­gen der Kläge­rin ist nicht nur das Ver­trau­en des Herrn X. ge­genüber der Kläge­rin zerstört wor­den. An­lass für die Pflicht­ver­let­zun­gen war aus Sicht der Kläge­rin nicht le­dig­lich ein kon­kre­tes Ver­hal­ten des Herrn X. oder ein zerrütte­tes Verhält­nis zwi­schen der Kläge­rin und Herrn X.. Der Kläge­rin war erst seit dem 27. Ju­ni 2013 die Tätig­keit als As­sis­ten­tin Kin­der­geld in der Agen­tur für Ar­beit C.-Stadt (Fa­mi­li­en­kas­se W.) über­tra­gen wor­den. Seit die­sem Zeit­punkt war sie ar­beits­unfähig er­krankt, so dass es erst im Zu­ge am 2. Ok­to­ber 2013 be­gon­ne­nen Wie­der­ein­glie­de­rung zu ei­ner Tätig­keit der Kläge­rin in der Fa­mi­li­en­kas­se W. kam. Das Miss­trau­en der Kläge­rin, dass sie aus ih­rer Sicht zum heim­li­chen Gesprächs­mit­schnitt ver­an­lass­te, ist nicht nur ge­gen ih­ren Vor­ge­setz­ten X., son­dern eben­falls ge­gen die Be­klag­te ins­ge­samt ge­rich­tet. Die Störung des Ver­trau­ens­verhält­nis­ses zwi­schen der Kläge­rin und der Be­klag­ten konn­te da­her durch die Zu­wei­sung ei­nes an­de­ren Ar­beits­plat­zes nicht be­sei­tigt wer­den. Die Be­klag­te ist ver­pflich­tet, ih­re Mit­ar­bei­ter vor der Ge­fahr der Auf­nah­me von ver­trau­li­chen Gesprächen und de­ren späte­ren Ver­wen­dung zu schützen.

7. Die vor­zu­neh­men­de In­ter­es­sen­abwägung er­gibt nach An­sicht der Kam­mer ein Über­wie­gen der In­ter­es­sen der Be­klag­ten an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses.

Im Rah­men der er­for­der­li­chen um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung ist das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an dem Er­halt des Ar­beits­plat­zes dem In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­genüber­zu­stel­len. Ge­sichts­punk­te sind un­ter an­de­rem die Wie­der­ho­lungs­ge­fahr, die Art, Schwe­re und Häufig­keit der vor­ge­wor­fe­nen Pflicht­wid­rig­kei­ten, ein frühe­res Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers, ein Mit­ver­schul­den des Ar­beit­ge­bers, die Dau­er der Be­triebs­zu­gehörig­keit, das Le­bens­al­ter des Ar­beit­neh­mers, die La­ge auf dem Ar­beits­markt so­wie et­wai­ge Un­ter­halts­pflich­ten des Ar­beit­neh­mers.

Die Kam­mer hat in­so­weit ins­be­son­de­re berück­sich­tigt, dass die Kläge­rin im vor­lie­gen­den Rechts­streit wie­der­holt ver­si­chert hat, kei­ne heim­li­chen Auf­nah­men mit ih­rem Smart­pho­ne mehr an­zu­fer­ti­gen und dass es sich um ei­nen ein­ma­li­gen Vor­fall ge­han­delt hat. Die Kläge­rin hat je­doch nicht nur ei­ne heim­li­che Auf­nah­me an­ge­fer­tigt, son­dern mit Hil­fe der Auf­nah­me auch ein Wort­pro­to­koll an­ge­fer­tigt und des­sen In­halt - an­walt­lich ver­tre­ten - in ei­nem ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren ver­wen­det. Die Auf­nah­me be­traf nicht (nur) ein zufällig geführ­tes Gespräch zwi­schen Ar­beits­kol­le­gen, son­dern ein Gespräch zwi­schen der Kläge­rin und ih­rem Vor­ge­setz­ten, das durch be­son­de­re Ver­trau­lich­keit ge­kenn­zeich­net ist. Sch­ließlich ist die Kläge­rin zu­min­dest in den zwei­ten Teil des Gesprächs be­wusst in der Ab­sicht hin­ein­ge­gan­gen, ei­ne heim­li­che Auf­nah­me an­zu­fer­ti­gen. Ein sol­ches Ver­hal­ten kann so­gar ein wich­ti­ger Grund für den Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung sein.

Die Kam­mer hat im Rah­men der In­ter­es­sen­abwägung aber auch be­dacht, dass es in dem Aus­bil­dungs­verhält­nis, das dem be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis vor­an­ge­gan­gen ist, zu Schwie­rig­kei­ten ge­kom­men ist, in­fol­ge de­rer die Kläge­rin laut dem Schrei­ben des Dr. med. N. T. vom 25. Mai 2014 an ei­ner ge­ne­ra­li­sier­ten Angststörung nach mul­ti­plen Kränkun­gen durch Ar­beit­ge­ber und Kol­le­gen litt. In die In­ter­es­sen­abwägung ein­ge­zo­gen hat die Kam­mer wei­ter, dass der Kläge­rin im An­schluss an ih­re Aus­bil­dung (le­dig­lich) ein Ar­beits­ver­trag in der Tätig­keits­ebe­ne VI über­tra­gen wor­den war, während - nach dem Vor­trag der Kläge­rin - al­le an­de­ren Aus­zu­bil­den­den mit TE V ein­ge­stellt wur­den.

Zu berück­sich­ti­gen war aber wei­ter auch, dass die Kläge­rin im be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis im Zeit­punkt der heim­li­chen Auf­nah­me we­gen Ar­beits­unfähig­keit noch kei­ne Ar­beits­leis­tung er­bracht hat­te. Ih­re Aus­bil­dung hat­te die Kläge­rin erst seit we­ni­ger als vier Mo­na­ten ab­ge­schlos­sen. Im Zeit­punkt des Aus­spruchs der streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gung be­stand das be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis erst seit we­ni­ger als 14 Mo­na­ten.

In die In­ter­es­sen­abwägung ein­be­zo­gen hat die Kam­mer außer­dem ei­ner­seits dass die Kläge­rin im Kündi­gungs­zeit­punkt (erst) 31 Jah­re alt war, an­de­rer­seits aber eben­falls, dass sie länge­re Zeit er­krankt ge­we­sen war und dass ih­re Aus­bil­dung zur Fach­an­ge­stell­ten für Ar­beitsförde­rung auf ei­ne Be­rufstätig­keit bei der Be­klag­ten aus­ge­rich­tet ist. Sch­ließlich hat die Kam­mer in die Abwägung ein­be­zo­gen, dass die Be­klag­te über ei­ne Viel­zahl von Ar­beitsplätzen verfügt.

Zu­guns­ten der Be­klag­ten war je­doch auch zu berück­sich­ti­gen, dass die­se ein ho­hes In­ter­es­se dar­an, die Ver­trau­lich­keit des ge­spro­che­nen Wor­tes, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf Per­so­nal­gespräche, zu wah­ren. Per­so­nal­gespräche müssen geführt wer­den können oh­ne den Arg­wohn und die Befürch­tung, dass de­ren heim­li­che Auf­nah­me oh­ne die Ein­wil­li­gung des Spre­chen­den oder gar ge­gen des­sen erklärten Wil­len ver­wer­tet wird. Da heu­te vie­le Ar­beit­neh­mer Smart­pho­nes ver­wen­den, die­se pro­blem­los ver­bor­gen in Ho­sen- oder Ja­cken­ta­schen mit­geführt wer­den können und die Auf­nah­me ei­nes Gesprächs oh­ne größeren Auf­wand möglich ist, kann die Be­klag­te ih­re Mit­ar­bei­ter und sich selbst wenn über­haupt, dann nur mit großem Auf­wand vor der miss­bräuch­li­chen Nut­zung von Smart­pho­nes schützen. Der Gesprächs­part­ner hat in der Re­gel kei­ne Möglich­keit, zu er­ken­nen, dass ein (ver­trau­li­ches) Gespräch mit­ge­schnit­ten wird. Die Be­klag­te hat da­her ein über­wie­gen­des In­ter­es­se dar­an, dass an die un­be­fug­te Be­nut­zung von Smart­pho­nes im Be­trieb und ganz be­son­ders in Per­so­nal­gesprächen weit­rei­chen­de Sank­tio­nen ge­knüpft sind.

C. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Re­vi­si­ons­zu­las­sung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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